Beschaffung

Landesrechtliche Vergabevorschriften

Ein Mann sitzt am Schreibtisch und überlegt (Foto: mediaphotos, iStock)

Die Ausschreibung, Vergabe und Abwicklung von Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen unterhalb der Schwellenwerte richtet sich im Wesentlichen nach den Haushaltsordnungen der jeweiligen öffentlichen Auftraggeber und den auf ihrer Grundlage eingeführten weiteren Vergabevorschriften.

Die Haushaltsordnungen des Landes und der Kommunen verpflichten öffentliche Auftraggeber, bei ihren Beschaffungen grundsätzlich die Öffentliche Ausschreibung oder eine Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb zu wählen, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen.

Landesgesetze zur Tariftreue und zum Mindestlohn

Am 1. Juli 2013 ist das Landestariftreue- und Mindestlohngesetz in Kraft getreten. Mit dem Gesetz werden Wettbewerbsverzerrungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge durch den Einsatz von Billigarbeitskräften unterbunden. Durch die Festlegung auf die Zahlung eines Mindestentgelts von derzeit 12,41 Euro (brutto) als Zugangsvoraussetzung zu öffentlichen Aufträgen gilt für alle Unternehmen, die sich um einen öffentlichen Auftrag bewerben, die gleiche Ausgangslage. Das Gebot der Wirtschaftlichkeit zwingt öffentliche Auftraggeber, dem wirtschaftlich günstigsten Angebot den Zuschlag zu erteilen. Wird dieses Angebot dadurch erzielt, dass untertariflich entlohnte Beschäftigte eingesetzt werden, führt dies zu einer Wettbewerbsverzerrung. Sie schadet Unternehmen, die ihren Mitarbeitern Tariflöhne bezahlen und ebenfalls um den Auftrag konkurrieren. Dadurch werden tarifgebundene Arbeitsplätze in tariftreuen Unternehmen gefährdet.

Eine Servicestelle beim Regierungspräsidium Stuttgart informiert Unternehmen und Arbeitnehmer zum Tariftreuegesetz und stellt Entgeltregelungen aus den relevanten Tarifverträgen zur Verfügung. Über die Servicestelle sind auch Muster für die Abgabe der Tariftreue- und Mindestentgelterklärungen erhältlich, mit denen Auftragnehmer die Einhaltung des LTMG gegenüber dem Auftraggeber dokumentieren.

Logistikzentrum Baden-Württemberg

Die Verwaltungsvorschrift der Landesregierung über die Vergabe öffentlicher Aufträge regelt die gemeinsame Beschaffung von Bedarfsgegenständen (z.B. Geschäftsbedarf, Kraftfahrzeuge, Büromöbel, Multifunktionsgeräte, Bürogeräte, Druckaufträge, Kraftfahrzeugersatzteile und -zubehör, Standardgeräte der IuK-Technik) durch die Dienststellen des Landes. Einzige gemeinsame Beschaffungsstelle des Landes ist das Logistikzentrum Baden-Württemberg (LZBW). Landesrechtliche Vorschriften berücksichtigen wirtschaftliche, ökologische und soziale Aspekte der Beschaffung

Landesrechtliche Vorschriften berücksichtigen qualitative, wirtschaftliche, umweltbezogene und soziale Aspekte der Beschaffung

Es existieren ergänzende landesrechtliche Vorschriften, die bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu beachten sind. Insbesondere soll sichergestellt werden,

  • dass kleine und mittelständische Unternehmen besonders berücksichtigt werden,
  • die Landesverwaltung weitgehend klimaneutral arbeitet,
  • die zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht auf Kosten kommender Generationen verbraucht werden,
  • die Entwicklungspolitischen Leitlinien für Baden-Württemberg, insbesondere von fair gehandelten Produkten, berücksichtigt werden,
  • die Leitsätze der Ernährungsstrategie des Landes berücksichtigt werden,
  • gute und sicher Arbeit für alle Beschäftigten, Chancengleichheit und Gleichstellung von Männern und Frauen im Beruf sowie die soziale Integration von benachteiligten Personen berücksichtigt werden,
  • insbesondere auch anerkannte Werkstätten für behinderte Menschen, Blindenwerkstätten und Justizvollzugsanstalten am Beschaffungswesen des Landes teilhaben und
  • Korruption verhindert und bekämpft wird.

Um die Belange des Mittelstandes angemessen zu berücksichtigen, bestehen insbesondere folgende Möglichkeiten:

  • die Berücksichtigung von kleineren Büroorganisationen und Berufsanfängern bei der Vergabe von Dienstleistungen,
  • die Aufforderung von kleinen und mittleren Unternehmen zur Angebotsabgabe, soweit die Wahl des Vergabeverfahrens und die Art der zu vergebenden Leistung es zulässt,
  • bei geeigneten öffentlichen Aufträgen der Abschluss von Rahmenvereinbarungen mit einem oder mehreren Unternehmen,
  • die Verwendung von funktionalen Leistungsbeschreibungen, um insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen die Möglichkeit zu geben, neue innovative Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und anzubieten,
  • die Vergabe von öffentlichen Aufträgen in Form von Losen,
  • die Schaffung von Spielraum für innovative kleine und mittlere Unternehmen durch das Zulassen von Nebenangeboten,
  • ein Hinweis in der Bekanntmachung auf die Möglichkeit, dass kleine und mittlere Unternehmen Gemeinschaften bei der Bewerbung und beim Bieten sowie auftragnehmende Arbeitsgemeinschaften bilden können,
  • die Anerkennung von Präqualifizierungszertifikaten zur Verringerung des Bürokratieaufwandes,
  • der Nachweis der Eignung vornehmlich durch Eigenerklärungen oder die Eintragung in ein amtliches Verzeichnis zur Verringerung des Bürokratieaufwandes,
  • eine sorgfältige Überprüfung von Angeboten hinsichtlich einer realistisch und auskömmlichen Kalkulation, um den Bestand von kleinen und mittleren Unternehmen nicht durch Dumpingangebote zu gefährden,
  • die Verbesserung der Zahlungsmodalitäten, zum Beispiel durch Vereinbarung von kürzeren Zahlungsfristen,
  • die Festlegung von Eignungs- und Zuschlagskriterien, die kleinen und mittleren Unternehmen nicht benachteiligen beziehungsweise überfordern, wie zum Beispiel zu hohe Anforderungen an die finanzielle Leistungsfähigkeit,
  • die Gewährung von ausreichenden Fristen für die Bearbeitung und Abgabe der Angebote.

In der Verwaltungsvorschrift der Landesregierung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VwV Beschaffung, die ab 01.10.2018 gültige VwV Beschaffung finden Sie hier) wurde die Berücksichtigung sozialer (z.B. ILO-Kernarbeitsnormen) und umweltbezogener  Aspekte im Rahmen der Vergabeverfahren stärker verankert. Mit der novellierten VwV Beschaffung soll der nachhaltigen Beschaffung ein (noch) größeres Gewicht gegeben werden. Dabei heißt Nachhaltigkeit qualitative, innovative, soziale, umweltbezogene und wirtschaftliche Aspekte gleichberechtigt zu berücksichtigen. Bei der Erstellung der Leistungsbeschreibung unterhalb der EU-Schwellenwerte sind nachhaltige Aspekte zu berücksichtigen soweit mit verhältnismäßigem Aufwand möglich und sachgerecht und sofern ein sachlicher Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand besteht. Sonderregelungen für die Beschaffung von Papier, Lebensmitteln, für den Lärmschutz und die Luftreinhaltung bei der Beschaffung von mobilen Maschinen und Geräten und für IT Beschaffungen (Open-Source-Produkte) sind zu beachten, ebenso wie EU-rechtliche Vorgaben hinsichtlich der Verwendung von Gütezeichen (Label, Siegel, Zertifizierungen).

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