Seit Ende 2022 hat sich der Experten-Beirat Zukunft Handel/Innenstadt unter dem Vorsitz von Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus MdL und Nicole Razavi MdL, Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, mit aktuellen Fragen des Einzelhandels und der Innenstädte in Baden-Württemberg befasst.
„Die konstruktive Arbeit des Beirats in den vergangenen drei Jahren hat gezeigt, dass man gemeinsam vieles erreichen kann. Wir danken den Mitgliedern des Beirats Zukunft Handel/Innenstadt für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit wie auch für ihr großes zeitliches Engagement“, so Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut und Ministerin Razavi gestern anlässlich der abschließenden Beiratssitzung bei der L-Bank in Stuttgart. So wie vor Ort die Gestaltung einer zukunftsfähigen Innenstadt nur gelingen könne, wenn die Akteure aus Handel, Gewerbe und Kommunalpolitik den Dialog suchen und an einem Strang ziehen, habe sich der fachliche Austausch auch im Beirat als äußerst fruchtbar erwiesen.
Neben der Multifunktionalität von Innenstädten und Ortszentren standen die Fragen, welche Entwicklungstrends den Einzelhandel prägen und welche Geschäftsmodelle in der Branche zukunftsfähig sind, im Mittelpunkt des Beirats. Weitere Themen waren die Bedeutung des Tourismus für die Attraktivität der Zentren sowie deren Erreichbarkeit. Es bestand Konsens darin, dass ein attraktiver stationärer Einzelhandel als Teil der lokalen Identität einer Innenstadt wesentlich zu deren Stärkung beiträgt und auch in Zukunft unverzichtbar sein wird.
Die Multifunktionalität von Innenstädten ist aus Sicht des Beirats dabei ein wesentliches Element, um Stadt- und Ortskerne attraktiv und lebendig zu gestalten. „Damit unsere Ortskerne und Stadtmitten auch in Zukunft lebendig und attraktiv bleiben, müssen Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Erholen noch stärker zusammengedacht werden. Die Multifunktionalität der Innenstädte ist dabei eine der größten Herausforderungen für unsere Kommunen. Mit der Städtebauförderung unterstützt das Land sie weiterhin verlässlich, um diesen Wandel erfolgreich zu gestalten. Der Beirat hat hierfür wertvolle Impulse gegeben. Jetzt gilt es, diese Dynamik mitzunehmen und die unterschiedlichen Belange bestmöglich miteinander zu verbinden“, sagte Ministerin Nicole Razavi MdL.
Der Begriff Multifunktionalität steht für einen breiten Nutzungsmix in den Innenstädten und Ortskernen, insbesondere mit Angeboten aus den Bereichen Einzelhandel, Gastgewerbe, Kultur, Wohnen und Arbeiten, verbunden mit einer (hohen) Aufenthaltsqualität sowie Grün-/Park- und Wasserflächen.
Abgerundet wurde die Arbeit des Beirats durch ein Gutachten „Aufarbeitung von Hemmnissen für die Umsetzung multifunktionaler Innenstädte/Ortszentren sowie von Verbesserungspotenzialen und Lösungsansätzen im Rahmen von Entwicklungsprozessen bei den Kommunen“ der imakomm AKADEMIE GmbH im Auftrag der beiden Ministerien sowie durch den Fachkongress „Innenstädte und Ortszentren neu denken“ am 23. Juni 2025 in Stuttgart. Anknüpfend an das Gutachten haben über 200 Vertreterinnen und Vertreter aus Kommunen, Wirtschaft, Wissenschaft und Landespolitik über „Good-Practice-Beispiele“ aus Baden-Württemberg und aktuelle Lösungsansätze zur Steigerung der Attraktivität von Zentren diskutiert. Auch hier war die Multifunktionalität von Innenstädten und Ortszentren ein zentraler Gegenstand.
„Die Unterstützung des Handels und der Innenstädte hat für mein Haus seit langem eine hohe Priorität: Mit der Förderung der regionalen Innenstadtberater, mit der Intensivberatung Zukunft Handel /Innenstadt für Einzelhandelsbetriebe sowie dem Sofortprogramm Einzelhandel / Innenstadt. Mit der Stärkung des Einzelhandels tragen wir zugleich auch zur Stärkung unserer Innenstädte und Ortszentren bei. Attraktive Innenstädte brauchen leistungsstarke Händler, wie auch viele Händler auf die Innenstadt als Standort angewiesen sind“, führte Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut weiter aus.
Der Beirat wurde 2022 auf Initiative der beiden Ministerinnen eingerichtet. Im Fokus standen der fachliche Austausch und die Vernetzung der relevanten Akteure, mit dem Ziel, neue Impulse und kreative Ideen für die Zukunftsfähigkeit des stationären Einzelhandels und der Innenstädte zu entwickeln. Mit dem gemeinsamen Beirat Zukunft Handel/Innenstadt griffen die Ministerinnen auch einen Impuls aus dem aktuellen Koalitionsvertrag der Landesregierung auf, der die Einrichtung eines Zukunftsbeirats Einzelhandel vorsah, und erweiterten ihn thematisch.
Der Beirat Zukunft Handel/Innenstadt bestand aus folgenden Mitgliedern:
Verbände des Einzelhandels/der Wirtschaft:
- Hermann Hutter (Präsident Handelsverband Baden-Württemberg, HBW).
- Sabine Hagmann (Hauptgeschäftsführerin HBW).
- Manfred Schnabel (Präsident IHK Rhein-Neckar) für den Baden-Württembergischen IHK-Tag.
- Dr. Roman Glaser, Präsident Baden-Württembergischer Genossenschaftsverband (BWGV), bis 12/2023; Dr. Ulrich Theileis, Präsident BWGV, ab 01/2024.
- Jürgen Kirchherr, Hauptgeschäftsführer DEHOGA Baden-Württemberg.
- Gerhard Berger, Geschäftsführer Verband der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels Süd (VMG Süd).
- Marcus Schmid, Landesbeauftragter Baden-Württemberg, Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland e.V. (bcsd) und Bürgermeister der Gemeinde Erlenmoos.
Kommunale Landesverbände:
- OB a. D. Ralf Broß (Geschäftsführendes Vorstandmitglied Städtetag Baden-Württemberg).
- Steffen Jäger (Präsident und Hauptgeschäftsführer Gemeindetag Baden-Württemberg).
Wissenschaft:
- Prof. Dr. Martina Baum, Direktorin des Städtebau-Instituts und Professorin für Stadtplanung und Entwerfen an der Universität Stuttgart.
- Prof. Dr. Stephan Rüschen, Professor für den Lebensmittelhandel und Studiengangsleiter BWL-Handel, Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), Heilbronn.
- Prof. Dr. Ralf Oppermann, Studiengangsleiter BWL-Handel, DHBW Stuttgart.
- Steffen Braun, Leiter Forschungsbereich Stadtsystem-Gestaltung, Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO, Stuttgart (bis 07/2024); Prof. Dr. Vanessa Borkmann, Leiterin Forschungsbereich Urban Systems Engineering., Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO (seit 08/2024).
Gewerkschaften:
- Martin Gross, Landesbezirksleiter ver.di (bis 07/2025); Hanna Binder, stellvertretende Landesbezirksleiterin ver.di (ab 07/2025).
Unternehmen:
- Christoph Werner (Vorsitzender der Geschäftsführung, dm-drogerie markt GmbH + Co. KG, Karlsruhe).
- Johannes Nölscher (Geschäftsführer Schuh Kaufmann GmbH, Heilbronn).
- Martin Windmüller (Windmüller GmbH (Betten- und Wäschehaus, Backnang).
Unternehmensberatung:
- Roland Wölfel, Geschäftsführer CIMA Beratung + Management GmbH, München.
- Boris Hedde, Geschäftsführer Institut für Handelsforschung (IFH) Köln.
Hintergrundinformationen:
Der digitale Strukturwandel, die wachsende Konkurrenz durch den Online-Handel und durch internationale Plattformen, der Fachkräftemangel und nicht zuletzt die Konsumzurückhaltung führen im stationären Einzelhandel zu einem großen Veränderungsdruck. Zwar ist das Einkaufen für die meisten Menschen immer noch der wichtigste Grund für einen Innenstadtbesuch, der Einzelhandel kann jedoch vielerorts nicht mehr die Rolle als allein dominierender Frequenzbringer in den Zentren spielen. Um den stationären Einzelhandel in den Innenstädten zu halten bzw. lebendige Innenstädte aufrecht zu erhalten, bedarf es neben finanzieller Unterstützung vor allem Strategien und Konzepte, wie die Innenstädte attraktiv gestaltet und wie die Innenstadtakteure ihre Betriebe zukunftsfähig gestalten können.
Unter anderem auf Anregungen aus dem Beirat hin ließen Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut und Ministerin Razavi zentrale Aspekte der Multifunktionalität von Innenstädten und Ortszentren von der imakomm AKADEMIE GmbH (Aalen) wissenschaftlich fundiert untersuchen. Zu dem Gutachten der imakomm hat der Beirat in mehreren Sitzungen eine eigenständige Stellungnahme erarbeitet. Gutachten und Stellungnahme des Beirats wurden auf den Internetseiten der beiden Ministerien veröffentlicht. Dabei wird betont, dass jede Kommune eigene Konzepte für ihr Zentrum entwickeln muss, da die Ausgangsbedingungen jeweils unterschiedlich seien. Allgemeingültige Ansätze, die gleichermaßen für alle Kommunen greifen, könne es nicht geben. Die Unterschiedlichkeit der Herausforderungen in den Städten und Gemeinden und damit auch von Konzepten für die Gestaltung der Zentren trage gerade zu einem vielfältigen und lebenswerten Baden-Württemberg bei.
Link zum Gutachten und zur Stellungnahme des Beirats Zukunft Handel / Innenstadt:
Gutachten veröffentlicht: Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg