Unter Vorsitz von Wirtschafts- und Arbeitsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut unterzeichneten die Partner der Fachkräfteallianz am 10. Februar eine neue Vereinbarung für die zukünftige gemeinsame Arbeit. Dazu die Ministerin: „Immer mehr Unternehmen suchen händeringend nach passenden Fachkräften. Wir brauchen gut qualifizierte und engagierte Fachleute für die vielen anspruchsvollen Tätigkeiten quer durch unsere ganze Wirtschaft. Und wir brauchen sie, um die zentralen Herausforderungen im Kontext von Demografie, Digitalisierung und Defossilisierung erfolgreich zu bewältigen.“
Das Land unterstütze die Unternehmen dabei, passende Fachkräfte zu finden und zu binden: „Unsere Unterstützungs- und Förderangebote werden wir weiterführen und stellen für 2022 insgesamt rund 80 Millionen Euro für die Fachkräftesicherung zur Verfügung: von der Ausbildung über die berufliche Weiterbildung bis zu unseren Welcome Centern und dem Engagement der regionalen Fachkräfteallianzen, die wir fördern“, so die Arbeits- und Wirtschaftsministerin.
Ein wichtiger Aspekt der neuen Vereinbarung der Fachkräfteallianz bestehe darin, die technologischen und demografischen Herausforderungen in der Weiterbildung noch stärker aufzugreifen: „Denn Aus- und Weiterbildung sind das A und O“, so Hoffmeister-Kraut. „Um auf die technologischen Veränderungen in unseren Kernbranchen zu reagieren, werden wir bald zusätzlich neue, innovative Projekte fördern, mit denen Weiterbildungsbausteine auf der Basis unserer ‘Future Skills Studie‘ entwickelt werden“, kündigte die Ministerin an. Mit der Ressortübergreifenden Weiterbildungsstrategie „Weiter.Mit.Bildung“ würden zudem bereits wichtige Impulse gesetzt. So sei etwa kürzlich ein neues Coaching-Angebot zur Personalentwicklung in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) gestartet.
Wirtschaftsstaatssekretär Rapp betonte im Rahmen des Spitzengesprächs der Fachkräfteallianz, dass die zukünftige Entwicklung des Fachkräfteangebots maßgeblich davon abhängen werde, wie sich die Erwerbsbeteiligung von Menschen entwickle, die bisher am Arbeitsmarkt unterrepräsentiert sind. Dies seien vor allem Frauen, Ältere, Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen sowie Behinderungen und Langzeitarbeitslose. Außerdem werde eine wichtige Rolle spielen, wie hoch die Nettozuwanderung von Fachkräften ausfalle. Dabei seien qualifizierte Beschäftigte nicht nur im Südwesten begehrt. „Darum muss sich Baden-Württemberg als Standort mit attraktiven Beschäftigungsmöglichkeiten positionieren, große Anziehungskraft auf Fachkräfte im In- und Ausland entwickeln und Potenziale heben, wo immer sie zu finden sind. Eine gelebte Willkommenskultur in den Betrieben und in unserer Gesellschaft ist im Wettbewerb um internationale Fachkräfte ausgesprochen wichtig“, bekräftige Rapp.
Da sich die Anforderungen an die Beschäftigten durch die Digitalisierung und die Defossilisierung stark verändern, sei die Fachkräftesicherung auch nach mehr als zehn Jahren Zusammenarbeit in der Fachkräfteallianz eine zentrale wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Aufgabe, die nur gemeinsam erfolgreich bewältigt werden könne. „Die Partnerinnen und Partner der Fachkräfteallianz haben vielfältige Erfahrungen, Ideen und Instrumente, wie Fachkräftesicherung unter den unterschiedlichen Branchenbedingungen immer wieder neu gelingen kann. Wir wollen bewährte Lösungen und neue, kooperative Ideen zur Sicherung von Fachkräften im Land transparent machen. Ich bin überzeugt, dass wir als Fachkräfteallianz hier gemeinsam einen wichtigen Beitrag leisten können“, so der Wirtschaftsstaatssekretär weiter. „Da Fachkräftesicherung eine Gemeinschaftsaufgabe ist und bleibt, freue ich mich, dass wir fünf weitere Partner aus dem Kreise der Landesressorts gewinnen konnten“, stellte Rapp fest. Dies seien das Finanzministerium, das Ministerium der Justiz und für Migration, das Verkehrsministerium, das Umweltministerium sowie das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen. „Das Engagement von nunmehr allen elf Fachressorts in der Fachkräfteallianz zeigt die Vielschichtigkeit des Themas und dass alle beteiligten Ressorts im Rahmen ihrer Zuständigkeiten dazu beitragen wollen, die Herausforderungen zu bewältigen“, so der Staatssekretär abschließend.
Statements der neu beigetretenen Ressorts
Neues Mitglied der Fachkräfteallianz ist das innerhalb der Landesregierung seit Mai 2021 für den Bereich der Migration zuständige Ministerium der Justiz und für Migration. Migrationsstaatssekretär Siegfried Lorek sagte: „Als Land haben wir ein starkes Interesse an der Gewinnung neuer Fachkräfte. Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das vor knapp zwei Jahren in Kraft getreten ist, hat der Bund die Bedingungen für die Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften aus dem Ausland neu geordnet und an die Bedürfnisse der Wirtschaft angepasst. Was wir in diesem Bereich in unserer Zuständigkeit unternehmen können, tragen wir gerne bei.“
Bauministerin Nicole Razavi MdL: „Der Fachkräftemangel ist auch für den Wohnungsbau eine große Herausforderung – sowohl für die Bauunternehmen als auch für die Genehmigungsbehörden. Wir wollen daher unseren Beitrag dazu leisten, diese Herausforderung zu bewältigen.“
Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft sieht im sich verschärfenden Fachkräftemangel eine große Herausforderung auf dem Weg der nachhaltigen Entwicklung. Ministerin Thekla Walker: „Ich freue mich, dass mein Haus zukünftig in der Fachkräfteallianz vertreten ist. Wir sind gemeinsam gefordert, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um Fachkräfte zu mobilisieren. Wir brauchen sie dringend, um insbesondere den Ausbau der erneuerbaren Energien, die Sanierungsquote im Gebäudebereich oder den Ausbau klimaneutraler Fernwärme voranzutreiben.“
„Auch in den Bereichen Logistik, Güterverkehr, Bus- und Bahnverkehr ist der Fachkräftemangel eine große Herausforderung. Es fehlen Fahrerinnen und Fahrer für Züge, Lkw und Busse. Für die aus Klimaschutzgründen wichtige Verkehrswende mit einem starken Ausbau des ÖPNV ist es von zentraler Bedeutung, dass für diese Bereiche qualifiziertes Personal gewonnen werden kann. Zudem werden dringend Planerinnen und Planer gebraucht, um Projekte der Verkehrsinfrastruktur zügig zu realisieren. Deshalb engagiere ich mich in der Fachkräfteallianz. Das Verkehrsministerium hat in Zusammenarbeit mit den Eisenbahnverkehrsunternehmen auch bereits in der Vergangenheit einige Maßnahmen wie zum Beispiel das Projekt ‚Qualifizierung von Geflüchteten zu Triebfahrzeugführerinnen und –führern‘ ergriffen, um mehr Lokführerinnen und Lokführer zu gewinnen“, sagte Verkehrsstaatssekretärin Elke Zimmer.
Statements der Partner der Fachkräfteallianz
Dr. Rainer Dulger, Präsident der Unternehmer Baden-Württemberg (UBW): „Wir stehen vor der größten Weiterbildungsoffensive des Landes, um ausreichend Fachkräfte für die Unternehmen zu sichern. Darüber hinaus benötigen wir aber auch eine gezielte Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland. Eine zentrale Rolle wird hier das noch relativ junge Fachkräfteeinwanderungsgesetz spielen. Pandemiebedingt wurde das Gesetz bisher leider nicht so genutzt, wie wir uns dies alle gewünscht hätten. Umso mehr gilt es nun, die neuen Möglichkeiten bei unseren Unternehmen bekannter zu machen und sie bei der Rekrutierung zu unterstützen. Das schließt die Besetzung von offenen Ausbildungsplätzen mit ausländischen Bewerbern ein. Dringend brauchen wir aber auch einheitliche und verlässliche Prozesse in den über 100 Ausländerbehörden in Baden-Württemberg.“
Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg: „Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Landesregierung Weiterbildung finanziell fördert und unterstützt. Für die Fachkräftegewinnung und -bindung brauchen wir aber zusätzlich verlässliche Arbeitsbedingungen auf Basis von Tarifverträgen und einer guten Zusammenarbeit zwischen Betriebsräten und Arbeitgebern. Unsere gewerkschaftliche Initiative der ‚Weiterbildungsmentor*innen‘, im Rahmen derer wir Beschäftigte darin schulen, ihre Kolleginnen und Kollegen bei der beruflichen Weiterentwicklung zu begleiten, leistet dazu einen wesentlichen Beitrag. Auf diesem Weg sorgt die IG Metall mit dafür, dass sich Auszubildende und Beschäftigte zu Fachkräften weiterentwickeln können."
Wolfgang Grenke, Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags e. V. (BWIHK): „Fachkräftesicherung wird für Unternehmen immer wichtiger. Der IHK-Fachkräftemonitor zeigt klar immer größere Lücken von Angebot und Nachfrage auf: In den nächsten Jahren, wenn die Erwerbstätigen aus den geburtenstarken Jahrgängen in Ruhestand gehen, wird das Angebotspotenzial schon um rund 28 Prozent absinken. Bis zum Jahr 2035 werden der baden-württembergischen Wirtschaft nach dem IHK-Fachkräftemonitor gar 863.000 Fachkräfte in toto fehlen – der Großteil mit dualer Aus- und Weiterbildung. Hier müssen wir, alle Akteure gemeinsam mit den Betrieben, dringend gegensteuern. Deshalb freue ich mich sehr darüber, dass mit der neuen Vereinbarung ein wichtiger Grundstein gelegt ist.“
Rainer Reichhold, Präsident des Baden-Württembergischen Handwerkstags e. V. (BWHT): „Nicht nur für die Gestaltung der Klimawende braucht es das Handwerk. Und nur mit genügend gut ausgebildeten Fachkräften wird es möglich sein, neue Energien ausreichend zu nutzen, Mobilität zu modernisieren und den Alltag insgesamt handwerksgestützt nachhaltig zu machen. Dazu benötigen wir eine Vielzahl an Maßnahmen: Nachwuchswerbung, Qualifizierung, Weiterbildung, aber auch das gezielte Anwerben von internationalen Fachkräften. Entscheidend ist hier ein umfassendes Unterstützungsangebot gerade für kleine und mittlere Betriebe in Baden-Württemberg für die Gewinnung und Integration dieser Fachkräfte, ergänzt durch organisierte Rekrutierungsreisen speziell für diese Betriebsgruppe.“
Christian Rauch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit: "Aufgrund der demografischen Entwicklung müssen wir uns mit der Frage beschäftigten, wie wir mit neuen Ansätzen zusätzliche Fachkräftepotenziale erschließen können, zum einen bei jungen Menschen, zum anderen bei Arbeitslosen und in der so genannten stillen Reserve, insbesondere unter Frauen. Das sind große Herausforderungen, und wir brauchen neue Wege dafür. Doch kein Partner kann allein diese Herausforderung bewältigen. Nur wenn wir gemeinsam neue Ideen entwickeln, erproben und auch bekannt machen, werden wir bei der Suche nach Fachkräften erfolgreich sein; dazu braucht es eine gute Verzahnung der regionalen Akteure mit der Landesebene. Die Bundesagentur für Arbeit kann dabei beraten, unterstützen und fördern, allein lösen kann sie die Aufgaben der Fachkräftegewinnung aber nicht.“