Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut hat heute (8. Dezember) anlässlich des Wirtschaftskongresses „BW meets UK“ ihr Bedauern darüber ausgedrückt, dass bislang keine Einigung auf ein Handelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien erreicht worden sei: „Dass es noch immer keine Einigung zwischen Brüssel und London gibt, ist für unsere Unternehmen äußerst schmerzlich. Für die Unternehmen wäre ein Abkommen mit klaren Wettbewerbsregeln enorm wichtig, um in dieser ohnehin sehr herausfordernden Zeit zumindest ein wenig Planungssicherheit zu haben. Ich appelliere daher weiterhin an alle Beteiligten, im Sinne der Wirtschaft und der Arbeitsplätze wirklich jeden Verhandlungsspielraum nochmals genau zu prüfen und zu nutzen, um möglichst rasch doch noch zu einem Kompromiss zu kommen“, sagte die Ministerin. „Für unsere Unternehmen gilt es nun, sich in den verbleibenden drei Wochen weiterhin gut vorzubereiten, gleichzeitig aber auch nach vorne zu schauen. Denn die Zusammenarbeit mit den britischen Partnern wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen.“
Der virtuelle Wirtschaftskongress „BW meets UK“ wurde gemeinsam vom Wirtschaftsministerium, der britischen Botschaft und dem britischen Generalkonsulat sowie den Kammern und Wirtschaftsverbänden initiiert und unterstützt Unternehmen bei ihren Fragen und Herausforderungen zum Ablauf der Brexit-Übergangsphase. „Wir möchten unsere Unternehmen auf diese Wege über die Detailregelungen ab 2021 informieren, beispielsweise unter welchen Bedingungen der Handel mit dem Vereinigten Königreich möglich sein wird, und aufzeigen, wie die wirtschaftlichen Verbindungen auch in Zukunft positiv gestaltet werden können“, so Hoffmeister-Kraut zum heutigen Programm.
Es sei ausgesprochen wichtig, die Beziehungen zum Vereinigten Königreich zukunftssicher zu machen, betonte Hoffmeister-Kraut. „Das Vereinigte Königreich gehört zu den ältesten Handelsnationen der Welt. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt ist Großbritannien heute die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt. Und Baden-Württemberg ist eine der wirtschaftsstärksten Regionen Europas. Wir sind stark exportorientiert, das Vereinigte Königreich ist einer unserer wichtigsten Handelspartner. Für unseren gemeinsamen zukünftigen Wohlstand ist es wichtig, in einen engen wirtschaftlichen Dialog zu investieren und weiterhin neue Partnerschaften in Schlüsselsektoren aufzubauen. Denn Geschäftsbeziehungen mit dem Vereinigten Königreich werden natürlich auch nach dem Brexit gewinnbringend sein.“
„Um die Beziehungen zum Vereinigten Königreich zukunftssicher zu machen, habe ich bereits im Februar zusammen mit der britischen Seite eine Wirtschafts-Partnerschaftsinitiative zwischen unseren Ländern ins Leben gerufen. Sie soll dazu beitragen, dass wir vor allem in innovativen Sektoren über neue Wertschöpfungsketten gegenseitig profitieren“, erläuterte die Wirtschaftsministerin. Sie sehe viele Felder für zukünftige Kooperationen in Schlüsselbereichen. Das Vereinigte Königreich setze beispielsweise für die Zukunft auf Elektromobilität, wodurch sich großes Potenzial für eine Zusammenarbeit mit dem starken baden-württembergischen Fahrzeugbau und den zahlreichen Zulieferern auch im Maschinenbau anbiete. Hierzu wurden im September sehr erfolgreich erste Fachgespräche geführt und die enge Zusammenarbeit angestoßen. Weitere Anknüpfungspunkte sehe sie etwa in der Gesundheitswirtschaft, bereits Anfang 2021 sind Expertenaustausche geplant. Auch die Bereiche Kultur- und Kreativwirtschaft sowie Digitalisierung und KI werden in den Blick genommen. „In diesen Bereichen lohnt sich eine Zusammenarbeit mit britischen Partnern auch in Zukunft ganz besonders. Das Vereinigte Königreich und Baden-Württemberg sind in diesen Feldern stark und innovativ und können gemeinsam viel erreichen, wenn jeder seine besonderen Stärken und eigenen Kompetenzen einbringt“, erklärte Hoffmeister-Kraut.
Botschafterin Jill Gallard: „Baden-Württemberg ist ein wichtiger Handelspartner für das Vereinigte Königreich. Gemeinsam haben wir den Ehrgeiz, unsere Wirtschaftsbeziehungen auf die nächste Stufe zu heben und sowohl die wichtigsten Chancen als auch die Herausforderungen anzunehmen, denen unsere Volkswirtschaften jetzt und in Zukunft gegenüberstehen. Ich bin ein optimistischer Mensch. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass unsere beiden Länder, mit unserer gemeinsamen Geschichte und den Werten, die wir teilen, immer Freunde, Partner und Verbündete bleiben werden: gerade bei der wirtschaftlichen Zusammenarbeit sehen wir viel Potentiale.“
Generalkonsul Simon Kendall: „Die im September veröffentlichte Studie ‚Stronger Together. Gemeinsam Stärker‘ hat aufgezeigt, welch enormes Potential in unseren Handelsbeziehungen steckt. Die Unternehmenskultur in Baden-Württemberg ist beeindruckend, vor allem die Fülle an weltklassigen, dynamischen, gut organisierte Familienunternehmen ist bemerkenswert. Auch das Vereinigte Königreich hat sehr viel zu bieten in dieser Partnerschaft. Wir sind bekannt für unsere Innovationsstärke und Pragmatismus. Da ähneln sich unsere beiden Länder sehr. Dieser Wirtschaftskongress ist ein Teil unserer Bemühungen, die Unternehmen in Baden-Württemberg bei der Vorbereitung auf das Ende der Übergangszeit zu unterstützen. Schlussendlich geht es darum, vor allem für die kleinen und mittelständischen Unternehmen in Baden-Württemberg und im Vereinigten Königreich Möglichkeiten zu finden, um die Innovationsfähigkeit und damit Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Wir stehen vor den gleichen großen globalen Herausforderungen und ich bin zuversichtlich, dass wir diese auch zusammen meistern werden.“
Hintergrundinformationen
Im letzten Jahr sind Waren im Wert von mehr als 10 Milliarden Euro aus Baden-Württemberg ins Vereinigte Königreich exportiert worden. Großbritannien belegt damit konstant den 6. Rang in der Exportstatistik. Innerhalb der EU hat es bis zu seinem Austritt nach Frankreich und den Niederlanden auf Rang drei gelegen. Vor allem Autos und Maschinen, aber auch pharmazeutische Erzeugnisse aus dem deutschen Südwesten sind in Großbritannien beliebt. Auf britischer Seite wird „Made in Baden-Württemberg“ weiterhin stark nachgefragt.
Ohne Abkommen würden ab Januar die Regeln der Welthandelsorganisation greifen. Dies würde eine große Verschlechterung der Handelsbedingungen darstellen und hätte durch neue Bürokratien und Kostensteigerungen erhebliche Konsequenzen für die exportstarken Unternehmen im Südwesten.