Nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind "staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen."
Danach liegt eine unzulässige Beihilfe vor, wenn folgende Kriterien kumulativ erfüllt sind:
- Es werden staatliche Mittel vergeben: Davon sind erfasst Fördermittel jedweder staatlicher Herkunft, also z.B.: von Bund, Ländern, Gemeinden, Mittel aus der EU, die den Mitgliedstaaten zur Verwaltung überlassen werden oder Mittel von Stiftungen oder Unternehmen, die von der öffentlichen Hand getragen werden.
- Ein Unternehmen erhält diese Mittel: Dieser Begriff wird sehr weit ausgelegt. Es gilt jede Einheit als Unternehmen, die - unabhängig von ihrer Rechtsform - eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Das ist jede Tätigkeit, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten. Fehlende Gewinnerzielungsabsicht oder Gemeinnützigkeit schließen die Unternehmenseigenschaft nicht aus.
- Das Unternehmen erhält eine Begünstigung: Das ist jeder Vorteil, dem keine angemessene Gegenleistung gegenübersteht. Eine Begünstigung kann daher z.B. auch in einem verbilligten Darlehen bestehen, oder im Verkauf eines Grundstücks unter Wert.
- Die Förderung ist selektiv: Nur ein Unternehmen oder ein bestimmter Wirtschafts- oder Produktionszweig oder Unternehmen einer bestimmten Region werden begünstigt, wodurch diese/s eine bessere Stellung im Wettbewerb erhalten
- Durch die Begünstigung kann der Wettbewerb verfälscht werden: Es kommt nicht darauf an, dass es tatsächlich zu einer Wettbewerbsverfälschung gekommen ist. Es reicht die potenzielle Gefahr hierfür. Diese ist gegeben, wenn die Stellung des Begünstigten gegenüber seinen Wettbewerbern verbessert wird.
- Der innergemeinschaftliche Handel kann beeinträchtigt werden: Dies ist der Fall, wenn die Beihilfe eine grenzüberschreitende Wirkung hat. Ausnahme: rein lokaler Bezug der Maßnahme.
Ausnahmen sind schon in den Absätzen 2 und 3 von Artikel 107 AEUV geregelt. Hier werden z.B. Beihilfen für die Beseitigung von Schäden durch Naturkatastrophen genannt.
Darüber hinaus gibt es Ausnahmen für Beihilfen, die aufgrund ihres geringen Volumens unter eine Bagatellgrenze (De-minimis-Schwellenwert) fallen. Dabei wird davon ausgegangen, dass infolge der geringen Höhe der Zuwendung keine Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels erfolgt. Der Gesamtbetrag der einem Unternehmen gewährten De-minimis-Beihilfen darf in einem Zeitraum von drei Jahren 300.000 Euro nicht übersteigen. Die Stelle, die die Beihilfe gewährt, muss dem Unternehmen hierüber eine De-minimis-Bescheinigung ausstellen. Das Unternehmen wiederum ist verpflichtet, bei Antragstellung eine De-minimis-Erklärung abzugeben, das ist eine Übersicht über die innerhalb von 3 Jahren erhaltenen De-minimis-Beihilfen
Weitere Ausnahmen sind in der "Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung - AGVO" geregelt. Für die in der AGVO genannten Gruppen von Beihilfen wird - unter Einhaltung der in der AGVO jeweils festgelegten Voraussetzungen - die Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt festgestellt. Es handelt sich dabei beispielsweise um Beihilfen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) oder für Forschung und Entwicklung und Innovation.
Spezielle Vorschriften auf Grundlage von Artikel 106 Abs. 2 AEUV gelten für den Bereich der Daseinsvorsorge. Für den beihilferechtlichen Sonderfall der sogenannten "Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse - DAWI" ist von der Kommission ein umfangreiches Regelungspaket verabschiedet worden. Darunter versteht die EU-Kommission Dienstleistungen, die zur Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Interessen zum Wohl der Bürger oder im Interesse der Allgemeinheit erbracht werden. Ein Unternehmen, wenn es im eigenen gewerblichen Interesse handelt, würde diese Dienstleistungen nicht oder nicht im gleichen Umfang oder nicht zu den gleichen Bedingungen übernehmen. Erhält das Unternehmen von der öffentlichen Hand für die Übernahme dieser Dienstleistungen einen Ausgleich, so werden, wenn bestimmte Voraussetzungen eingehalten sind und je nach Ausgestaltung der Übernahmevereinbarung ("Betrauung"), die Ausgleichsleistungen entweder nicht als Beihilfe betrachtet oder sie brauchen nicht notifiziert zu werden oder sie sind genehmigungsfähig durch die EU-Kommission.
Abweichungen von den allgemeinen Wettbewerbsregeln nach Art. 101 - 109 des AEUV und besondere Ausnahmen vom generellen Beihilfeverbot nach Artikel 107 Abs. 1 AEUV sehen die Vorschriften über die Agrarpolitik (Art. 42 Abs. 2 AEUV) und die Verkehrspolitik (Art. 93, 96 AEUV) vor.
Beihilfen im Sinne von Artikel 107 I AEUV sind grundsätzlich verboten. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die EU-Kommission diese genehmigen. Dazu müssen die geplanten Beihilfen von den Mitgliedsstaaten vorab bei der EU-Kommission angemeldet werden. Erst wenn die EU-Kommission nach genauer Prüfung die Genehmigung erteilt hat, das heißt, wenn die Beihilfe notifiziert ist, darf sie gewährt werden (sog. "Durchführungsverbot").
- Das Verfahren ist in verschiedenen Verfahrensordnungen geregelt.
- Bei unzulässig gewährten Beihilfen droht die Rückforderung zuzüglich Zinsen vom Begünstigten.
- De-minimis-Beihilfen und Beihilfen nach der AGVO sind genehmigungsfrei. Letztere müssen in einem speziellen Verfahren angezeigt werden.
Das EU-Beihilferecht enthält an verschiedenen Stellen Regelungen zu Berichtspflichten als weiteres Instrument zur Schaffung von Transparenz innerhalb des Binnenmarktes. Neben Berichten, die regelmäßig an die Europäische Kommission geliefert werden müssen, hat die Kommission vielfältige Möglichkeiten Daten zu Einzelmaßnahmen, Förderprogrammen oder Bereichen anzufordern. Begünstigte sind auch beihilferechtlich verpflichtet das Verfahren zu dokumentieren und die Informationen meist für zehn Jahre aufzubewahren.
Wichtige regelmäßige Berichte sind:
- Jahresbericht der Beihilfen: Er gibt die gezahlten Beihilfen für alle laufenden angemeldeten und angezeigten Programme und Einzelbeihilfen der jeweiligen Kalenderjahre wieder.
- DAWI-Bericht: Alle Gebietskörperschaften oder andere, die im Wege des DAWI-Beschlusses oder des DAWI-Rahmens Aufgaben übertragen haben sind verpflichtet alle zwei Jahre detaillierte Angaben zur Ausgestaltung des Betrauungsaktes zu liefern.
- Jährliche Angaben lt. Transparenzrichtlinie.
- Beihilfen, die unter die AGVO fallen und mehr als 100.000 Euro betragen, fallen unter die Transparenzpflichten und ihre Bewilligung muss veröffentlicht werden.
Aktuelle AGVO-Beihilfemaßnahmen
Im Interesse der Rechtssicherheit und der Überprüfbarkeit ihres Handelns hat die Kommission für verschiedene Sektoren und Beihilfenkategorien umfangreiches "Soft Law" in Gestalt von Verwaltungsvorschriften (Mitteilungen, Leitlinien, Gemeinschaftsrahmen) erlassen, die sie bei der Ausübung ihrer Entscheidungsbefugnisse zu Grunde legt
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