Die Partner der Fachkräfteallianz Baden-Württemberg, die am heutigen Montag (10. März) unter dem Vorsitz von Wirtschafts- und Arbeitsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut in Stuttgart tagten, betonten, trotz der wirtschaftlich schwierigen Zeiten in ihrem Engagement nicht nachzulassen. Im Gegenteil: Mit Blick auf die Demografie müssten die Anstrengungen beim Thema Fachkräftesicherung intensiviert werden.
„Unsere Wirtschaft braucht nun sehr schnell, sehr viel bessere Rahmenbedingungen, damit sie wieder in Schwung kommen kann. Zu den wichtigsten Standortfaktoren gehört nach wie vor eine genügende Zahl an gut ausgebildeten Fachkräften. Fachkräfteknappheit wirkt wie eine Bremse für unsere Unternehmen sowie für öffentliche und gemeinnützige Einrichtungen. Wenn Fachkräfte fehlen, können Wachstumschancen nicht genutzt und wichtige Dienstleistungen nicht erbracht werden.“
Der Bedarf nach Fachkräften ist vielfältig. Dringend gebraucht werden Fachkräfte in der aktuell schwierigen Lage zum Beispiel zum Erneuern und zum Ausbau der Infrastruktur – auch für das Gelingen der Energiewende, für Gesundheit und Erziehung, in Forschung und in Teilen im Produzierenden Gewerbe sowie unter anderem auch im Gastgewerbe, den Freien Berufen, in Handwerksberufen oder für den öffentlichen Verkehr.
In der Sitzung der Fachkräfteallianz tauschten sich die Partner zu aktuellen Entwicklungen in der Fachkräftesicherung aus und behielten zugleich die mittel- und längerfristigen Herausforderungen im Blick. So bestand die Auffassung, dass der einsetzende Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge die Fachkräftesicherung schon jetzt erschwert, aber spätestens mit der wirtschaftlichen Erholung wieder voll spürbar werden dürfte. Anstrengungen der Fachkräftesicherung sollten daher trotz steigender Arbeitslosigkeit nicht reduziert werden, sondern möglichst alle Hebel der Fachkräftesicherung auch in Zuversicht auf eine positive wirtschaftliche Entwicklung genutzt werden.
Im Fokus der heutigen Sitzung standen die beiden folgenden Hebel der Fachkräftesicherung: die Gewinnung von internationalen Auszubildenden und Fachkräften sowie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) mit möglichen positiven Effekten auf Fachkräftesicherung. Beim Thema Gewinnung von internationalen Auszubildenden und Fachkräften kam die Fachkräfteallianz zur Einschätzung, dass viele Unternehmen und Einrichtungen diesbezüglich noch zurückhaltend seien. Verbesserungsbedarf bestehe nach wie vor bei Verfahren und Prozessen der Fachkräftezuwanderung. Mit dem Aufbau der Landesagentur für die Zuwanderung von Fachkräften, die in absehbarer Zeit ihre Arbeit aufnehmen werde, gelinge hier ein wichtiger Fortschritt.
In der Sitzung wurde anhand von Praxisbeispielen aufgezeigt, welche Wege der Fachkräftezuwanderung, etwa durch die Gewinnung von Auszubildenden aus Drittstaaten, bereits gut funktionieren und die Unternehmen und Einrichtungen im Land inspirieren können. Bezüglich KI wurde anhand von konkreten Anwendungsbeispielen, wie der Pflegedokumentation per Spracheingabe oder der Gebrauch von KI im Bäckereihandwerk und der Justiz, aufgezeigt und diskutiert, wie und unter welchen Bedingungen mit dem KI-Einsatz Fachkräfte entlastet, das Angebot an Fachkräften erweitert sowie die Arbeit attraktiver gestaltet werden kann.
Dank KI-gestützten Planungs- und Backprozessen kann im Bäckerhandwerk z.B. auf das frühe Aufstehen verzichtet werden. KI-Assistenzsysteme unterstützen das Backoffice bei der Routenplanung für die anzufahrenden Baustellen oder beschleunigen das Anfertigen von Berichten.
Weitere Zitate der Partner der Fachkräfteallianz
Martina Musati, Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit: „Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass trotz weitreichender Substitutionseffekte bei manuellen und kognitiven Routinetätigkeiten die Beschäftigungssicherheit aufgrund der demografischen Entwicklung hoch bleiben wird. Allerdings verändert die Nutzung von Künstlicher Intelligenz Jobprofile und Kompetenzanforderungen. Die Fähigkeit, mit Künstlicher Intelligenz im Betrieb umzugehen und sie für den eigenen Bedarf anzupassen und weiterzuentwickeln, wird zur Schlüsselkompetenz in der Arbeitswelt 4.0. Deshalb sind und bleiben Investitionen in Qualifizierung und Weiterbildung der Beschäftigten immens wichtig.“
Claus Paal, Präsident der für das Thema Fachkräfte federführenden IHK Region Stuttgart: „Dass es mit der Landesagentur jetzt eine zentrale Stelle für die Zuwanderung von Fachkräften gibt, ist eine gute Nachricht. Wir erhoffen uns von der neuen Einrichtung schnelle und effektive Genehmigungsverfahren. Wichtig bleibt aber nach wie vor, dass das Fachkräfteverfahren vereinfacht und damit beschleunigt wird. Der Einsatz von KI in Unternehmen ist vermutlich einer der größten Schlüssel, den Fachkräftemangel abzufedern. Bereits heute gibt es zahllose Tools zur Unterstützung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Um die Fachkräfte von morgen fit für die Zukunft zu machen, bieten die IHKs im Land umfangreiche KI-Aus- und Weiterbildungen an. Das reicht vom Azubi bis zur Führungskraft, vom Crashkurs, über die Fortbildung, den Zertifikatslehrgang bis hin zum Bachelor Professional.“
Thomas Bürkle, Vizepräsident der Unternehmer Baden-Württemberg: „Die Unternehmen in Baden-Württemberg sind aktuell nicht nur durch die Krisenbewältigung stark gefordert. Angesichts des demografischen Wandels und der grundlegenden Transformation brauchen sie langfristige Lösungen für die Fachkräftesicherung. KI-Technologien können dabei durch die Optimierung von Prozessen und automatisierte Lösungen den Druck auf der Fachkräfteseite lindern. Zudem hilft KI, geeignete Talente schneller zu identifizieren, passgenaue Weiterbildungsangebote zu entwickeln und so Stellenanforderungen und Bewerberprofile besser in Übereinstimmung zu bringen. Unternehmen aller Größenklassen erhalten außerdem durch die Öffnung des Arbeitsmarktes für Fachkräfte aus dem Ausland Zugriff auf einen erweiterten Pool an Talenten und Kompetenzen. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen können dabei auf die Unterstützung von Verbänden und Bildungswerken im Rekrutierungs- und Vermittlungsprozess zählen.“
Peter Haas, Hauptgeschäftsführer Handwerk BW: „Wir brauchen sowohl in der Fachkräftezuwanderung als auch in der Nutzung von KI-Lösungen konkrete Impulse. Diese müssen unsere Betriebe dabei unterstützen, KI-Anwendungen in ihren Arbeits- und Betriebsalltag zu integrieren und Fachkräfte schnell und langfristig an das Unternehmen binden. Es kann nicht weiter hingenommen werden, dass die Digitalisierung durch fehlende digitale Infrastruktur in der Verwaltung und unverhältnismäßige Regulierungen ausgebremst werden. In der gezielten Zuwanderung von Auszubildenden und zukünftig auch Fachkräften leistet das Handwerk seit Jahren Pionierarbeit; nun ist es an der Zeit, dass das Land Wort hält und die Landesagentur ins Tun kommt, Partnerschaften mit Drittstaaten im Sinne der Bildungszusammenarbeit ausgebaut und Zugewanderte im Land entsprechend unterstützt werden.“
Martin Gross, Bezirksleiter Ver.di Baden-Württemberg: „Wir sind gut beraten, bei der Suche nach den Fachkräften auch den Blick aufs Land zu richten. Eine gute Kitaversorgung für Eltern in der Teilzeitfalle ist ein gewaltiger Hebel. Und wenn gut die Hälfte der in den letzten Jahren aus der Ukraine zu uns geflohenen Menschen lieber hierbleiben möchte, lohnen sich alle Anstrengungen in eine gelungene Integration in den hiesigen Arbeitsmarkt.
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