Wirtschaft

Stuttgarter Zukunftskonferenz Textil zeigt die Chancen der Branche

Berechne Lesezeit
  • Teilen

Die deutsche Textil- und Modeindustrie steht dank neuer Faserverbundwerkstoffe und des Internets vor einer neuen Ära. Das ist die Botschaft der Zukunftskonferenz Textil, die am 1. Juli in Stuttgart stattfand. Rund 350 Teilnehmer aus der Textil- und Modeindustrie diskutierten im Haus der Wirtschaft neue Einsatzbereiche für Textilien sowie innovative Vertriebswege für Bekleidung.

Verbundwerkstoffe etwa aus Carbonfasern sind aufgrund ihres geringen Gewichts und ihrer hohen Festigkeit der Schlüssel für den modernen Leichtbau. Die Vorstufe dieser Bauteile bilden textile Gewebe und Gelege. „Damit werden die traditionellen Textiltechniken wie Spinnen, Weben, Wirken und Flechten wiederentdeckt", ist Hubert Jäger, Leiter der Konzernforschung des Carbonfa-serherstellers SGL in Wiesbaden überzeugt. Moderner Leichtbau werde unter anderem für alle Transportmittel benötigt: bei herkömmlichen Antrieben, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren, und insbesondere bei Elektro-Fahrzeugen, um das zusätzliche Batteriegewicht zu kompensieren.

Ein Zukunftsmarkt für Textilien ist auch die Bauwirtschaft. Darauf wies Martin Synold vom Stuttgarter Architekturbüro Werner Sobek hin. Der Ersatz der Stahlverstärkung durch so genannten textilbewehrten Beton ermögliche die Einsparung von bis zu 40 Prozent des herkömmlichen Betons. Darüber hinaus eröffneten die einzigartigen ästhetischen Eigenschaften und die Adaptivität von hocheffizienten Textilien ein großes Potential für die Anwendung in der Architektur.

Wolfgang Leidig, Ministerialdirektor im Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg, unterstrich bei der Zukunftskonferenz Textil, dass sich die baden-württembergische Textil- und Bekleidungsindustrie nach den schweren Zeiten des Strukturwandels mit wettbewerbsfähigen, innovativen Produkten auf die verschärften Bedingungen des Weltmarkts eingestellt habe.

„Zudem haben neue Anwendungsbereiche für Textilien, neue Materialien und Funktionalitäten und der Ausbau des Bereichs der Technischen Textilien neue Märkte aufgetan, die auch für die Zukunft hohe Wachstumschancen versprechen", erklärte Wolfgang Leidig. „Gerade auf dem textilen Sektor hat Baden-Württemberg mit der Staatlichen Modeschule Stuttgart und den Hochschulen Reutlingen und Albstadt-Sigmaringen viel zu bieten." Auch im Bereich der industrienahen Forschung, beispielsweise für die Automobilindustrie oder die Medizintechnik, verfüge das Land mit seinen Forschungseinrichtungen in Denkendorf und Hohenstein über eine hervorragende Forschungsinfrastruktur.

Neue Märkte sehen auch die Hersteller von Bekleidungstextilien, wenngleich aus einem anderen Grund. Denn für sie gewinnt der Vertrieb über das Internet an immer größerer Bedeutung. „Während die Umsätze im stationären Handel rückläufig sind, gibt es beim Online-Handel rasante zweistellig Wachstumsraten", stellt Gerrit Heinemann, Professor für Betriebswirtschaft an der Hochschule Niederrhein, fest. Er empfiehlt deshalb, das Einzelhandelsgeschäft stärker mit dem Internet zu verzahnen.

Claus-Dietrich Lahrs, Vorstandschef von Hugo Boss, sieht die Herausforderungen für sein Unternehmen im Ausbau eigener Einzelhandelskompetenz, um damit näher bei den Kunden in den regionalen Absatzgebieten zu sein. „Dazu müssen wir schneller auf Marktveränderungen reagieren können", betont Lahrs. Deshalb würden Entwicklungs- und Verkaufszeiträume der Kollektionen verkürzt und die Prozessschritte optimiert.

„Textilien sind Innovationstreiber", resümiert Heinz Horn, Präsident des Gesamtverbandes textil+mode, die Zukunftschancen der rund 1.200 Unternehmen der Branche. Um technologisch an der Weltspitze zu bleiben, seien aber ständige Forschungsanstrengungen nötig, mahnt er. Mit 16 Textilforschungsinstituten verfüge man in Deutschland über eine einzigartige Forschungslandschaft. Wenn es gelänge, die Forschungsergebnisse noch zügiger in praxistaugliche Produkte und Anwendungen zu übertragen, sei der internationale Wettbewerbsvorsprung, den Deutschland auf dem Textilsektor habe, kaum einzuholen.

Die Branche hat die Krise hinter sich gelassen und das vergangene Jahr mit einem Umsatzplus von rund 11 Prozent abgeschlossen. Auch die Prognosen sind positiv: Im jüngsten Geschäftsklimaindex des Verbandes Südwesttextil bezeichnet über die Hälfte der befragten Unternehmen ihre Umsatzaussichten als gut. Besonders zufrieden sind die Firmen mit ihrer hohen Kapazitätsauslastung. Insgesamt gehen die Unternehmen von einer anhaltenden wirtschaftlichen Konsolidierung aus. Sorgen bereiten der Branche derzeit aber die Kostenexplosion bei den Rohstoffen sowie die Unsicherheit über weiter steigende Energiekosten durch die EEG-Abgabe. „Das setzt uns unter Zugzwang", erklärt Axel Nickel, Präsident von Südwesttextil. Viele Betriebe müssen deshalb alles daran setzen, ihre Erträge zu sichern.

Quelle:

Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg

Weitere Meldungen

Die Staatssekretäre Dr. Patrick Rapp (links) aus Baden-Württemberg und Tobias Gotthardt (rechts) aus Bayern
Brüssel

Baden-Württemberg und Bayern fordern mehr Pragmatismus und weniger Zentralismus

Baden-Württemberg und Bayern sind High-Tech-Standorte mit großer industrieller Basis und einem exportorientierten Mittelstand. Diese gemeinsamen Stärken bringen auch gemeinsame Interessen mit sich, die die Staatssekretäre in Brüssel vorgetragen haben

Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut

Erster Female Leadership Summit setzt Zeichen für die Bedeutung von Frauen in Führung

Erstmals fand auf Einladung von Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut der Female Leadership Summit im Haus der Wirtschaft in Stuttgart statt.

Podcast

Löwenherz - Der Wirtschaftspodcast

In unserem Podcast tauchen wir gemeinsam mit starken Persönlichkeiten aus Baden-Württemberg in spannende, wirtschaftspolitische Themen ein. In Folge 1 geht es um "Female Leadership".

Ministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut
Zumeldung

Zumeldung zu Bertelsmann-Stiftung: Wirtschaftsministerin: Machen Sie eine Ausbildung

Wirtschafts- und Arbeitsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut äußert zur Studie der Bertelsmann-Stiftung.

Bundesrat

Wirtschaftsministerin äußert sich im Bundesrat

Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, war in der heutigen Bundesratssitzung mit gleich zwei Initiativen vertreten.

Startup Factorys
Förderung

Millionenförderung für Startup Factory in Baden-Württemberg

Das Konsortium NXTGN („Next Generation“), an dem vier Universitäten und eine Hochschule aus Baden-Württemberg mitwirken, baut eine zentrale Innovationsplattform für Gründungen im Südwesten auf.

Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut
Zumeldung

BW bleibt forschungsstärkstes Bundesland – FuE-Intensität bei 5,7 Prozent

Wirtschaftsministerin Dr. Hoffmeister-Kraut zeigte sich sehr erfreut darüber, dass Baden-Württemberg mit großem Abstand seine Spitzenstellung bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung weiterhin behaupten konnte.

Glühbirne
Unternehmensberatungen

Beratungen für mittelständische Unternehmen mit 1,1 Millionen Euro gefördert

Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus fördert auch in diesem Jahr Beratungen für mittelständische Unternehmen aus den Bereichen Handwerk, Dienstleistung, Industrie und Handel.

Logo Frau und Beruf
Förderaufruf

Förderaufruf für die Kontaktstelle Frau und Beruf in der Region Neckar-Alb

Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg hat heute (3. Juli) einen Förderaufruf zum Betrieb einer Kontaktstelle Frau und Beruf in der Region Neckar-Alb ab 01.01.2026 bis 31.12.2027 veröffentlicht.

Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut
Arbeitsmarktzahlen

Zumeldung Arbeitsmarktzahlen: Der Arbeitsmarkt kommt weiterhin nicht in Schwung

Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, äußert sich anlässlich der Veröffentlichung der neuesten Arbeitsmarktzahlen.

Delegationsreise China
Delegationsreise

Hoffmeister-Kraut mit Wirtschaftsdelegation in China

Wirtschaftsministerin informiert sich in China über intelligente und vernetzte Transportlösungen und Robotik.

Eine Roboterhand tippt auf einem Monitor aus Glas
Künstliche Intelligenz

Baden-Württemberg muss bei den AI Giga Factorys eine gewichtige Rolle spielen

Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut hat sich bei der Europäischen Kommission in Brüssel für den Standort Baden-Württemberg im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) eingesetzt und um eine Beteiligung bei den AI Giga Factorys geworben.

Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut
Mindestlohn

Zumeldung: Entscheidung der Mindestlohnkommission

Zur heutigen Entscheidung der Mindestlohnkommission äußert sich Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus.

Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut
Brüssel

Ministerin fordert in Brüssel konkretere Schritte ein

Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut hat sich heute (26. Juni) in Brüssel nachdrücklich für mehr Wettbewerbsfähigkeit in Europa eingesetzt.

Staatssekretär Dr. Patrick Rapp
Reise

Wirtschaftsstaatssekretär zu Gesprächen in Paris

Auf Einladung des französischen Botschafters für grenzüberschreitende Zusammenarbeit, Philippe Voiry ist Staatssekretär Dr. Patrick Rapp aktuell in Paris.