Wohnungsgenossenschaft

Aufsichtliches Verfahren zur Prüfungstätigkeit des vbw bei der Eventus eG vorläufig abgeschlossen

Berechne Lesezeit
  • Teilen
Paragrafenzeichen vor Bauplänen (Bild: © M. Schuppich - Fotolia)

Zum vorläufigen Abschluss des vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau durchgeführten Aufsichtsverfahrens gegen den „Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V.“ (vbw) sagte Ministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut in Stuttgart: „Die Insolvenz der Eventus eG hat den investierenden Mitgliedern schweren Schaden zugefügt. Der vbw hat nach unserer Überzeugung bei der Prüfung der insolventen Wohnungsgenossenschaft Eventus eG gegen seine Pflichten nach dem Genossenschaftsgesetz verstoßen.“

 

Es seien Fehler bei der Erstellung des Gründungsgutachtens der Eventus eG und der Prüfungsnachverfolgung festgestellt worden: „Die Gutachter kommen zu dem Ergebnis, dass aufgrund der offensichtlichen Widersprüche zwischen dem Geschäftsmodell, des in der Satzung angegebenen Förderzwecks und dem Genossenschaftsgesetz die Eventus eG nie hätte als Genossenschaft eingetragen werden dürfen. Bei den Pflichtprüfungen hat der vbw zahlreiche Mängel in der Geschäftsführung und erhebliche wirtschaftliche Probleme bei der Eventus eG festgestellt. Die Gutachter sind deshalb der Ansicht, dass die Prüfungshandlungen des vbw im Rahmen der genossenschaftlichen Pflichtprüfungen im Hinblick auf die Eventus eG gravierende Defizite aufweisen. Diesen Ergebnissen und der Auffassung der Gutachter schließen wir uns als Aufsichtsbehörde über den Prüfverband an. Der vbw kann aber gegen unsere Rechtsauffassung klagen“, so Hoffmeister-Kraut.

„Wichtigen Informationen, die dem Prüfverband bekannt waren, ist der vbw weder ausreichend noch schnell genug nachgegangen“, so Hoffmeister-Kraut zusammenfassend. Auf Basis der Feststellungen im aufsichtlichen Verfahren habe das Ministerium deshalb gegenüber dem vbw Auflagen verfügt. Im Fall Eventus von den Gutachtern festgestellte, teils gravierende Prüfungsdefizite dürfe es künftig nicht mehr geben, so die Ministerin. Die Idee des Genossenschaftswesens dürfe keinen Schaden nehmen.

Hoffmeister-Kraut stellte fest: „Unter unserer intensiven Aufsicht und mit den angeordneten Maßnahmen muss der vbw systematisch nachbessern, um Fälle wie Eventus in Zukunft frühzeitig zu erkennen und nach Möglichkeit zu vermeiden.“

Die aufsichtliche Verfügung des Wirtschaftsministeriums sei am 9. April ergangen und dem Verband bekannt. Darin stelle das Ministerium Fehlverhalten in den Prüfungsvorgängen fest und habe eine Reihe von Auflagen mit Blick auf die Strukturen und Prozesse des Verbandes angeordnet, erläuterte Hoffmeister-Kraut. Um die vollständige Umsetzung der Vorgaben zu begleiten, werde dem Prüfverband unter anderem eine externe Nachschau durch einen Gutachter auferlegt, die eng abgestimmt mit dem Ministerium erfolgen müsse. Ob der Verband gegen die aktuell ergangene Verfügung Rechtsmittel einlegen werde, sei offen.

Hoffmeister-Kraut: „Wir verpflichten damit den vbw dazu sicherzustellen, dass die Mitglieder und Gläubiger einer Genossenschaft in erforderlicher Weise geschützt und dass deren Belange bei allen Prüfungshandlungen ausreichend berücksichtigt werden.“ Der Prüfverband habe bereits während des aufsichtlichen Verfahrens Personalwechsel im Prüfungsbereich umgesetzt. Auch einige der mit der Verfügung angeordneten Vorgaben zur Struktur und zu den Prozessen der Prüfungen seien angesichts der aufsichtlichen Gespräche bereits durch den Prüfverband angegangen worden. „Angesichts der angeordneten Vorgaben und der bereits eingeleiteten Veränderungen kann das Ministerium zum jetzigen Zeitpunkt vom Entzug der Prüfungserlaubnis absehen. Mit den von uns verordneten Maßnahmen verpflichten wir den vbw dazu sicherzustellen, dass vergleichbare Fälle künftig soweit wie möglich ausgeschlossen werden“, hielt die Wirtschaftsministerin fest.

Das Wirtschaftsministerium sei nach Bekanntwerden der Vorwürfe im Jahr 2017 sofort tätig geworden, betonte Hoffmeister-Kraut: „Ich versichere Ihnen, dass ich gemeinsam mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Aufarbeitung des Falls umgehend und mit höchster Priorität verfolgt habe.“ Auf Basis der Erkenntnisse aus den durchgeführten Anhörungen sei im April 2018 ein förmliches aufsichtsrechtliches Verfahren gegenüber dem zuständigen Verband eingeleitet worden. In diesem Zusammenhang habe das Wirtschaftsministerium eine gutachterliche Stellungnahme bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Bansbach GmbH in Auftrag gegeben.

Hoffmeister-Kraut bezeichnete das Informationsinteresse der Geschädigten und der Öffentlichkeit am Verfahren und dem Gutachten als „absolut verständlich“. Allerdings müsse in einem rechtsstaatlichen Verfahren auch der verfassungsrechtlich gewährte Schutz von personenbezogenen Daten sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen beachtet werden. „Wir müssen hier die Rechte aller beteiligten Interessensgruppen achten und diese miteinander in Einklang bringen“, erläuterte sie. Das Ministerium habe nunmehr über die ersten Anträge auf Einsicht in das Gutachten entschieden und wolle das Gutachten mit teilweise geschwärzten Passagen offenlegen. Der vbw habe dem Ministerium allerdings mitgeteilt, dass er gegen die Herausgabe des Gutachtens vorgehen werde. „In diesem Fall dürfen wir das Gutachten – gemäß Landesinformationsfreiheitsgesetz – erst nach abschließender gerichtlicher Entscheidung herausgeben“, führte die Ministerin aus. Damit könnte sich die Herausgabe des Gutachtens zeitlich verzögern. „Mir ist bewusst, dass dies für die Antragstellenden unbefriedigend wäre.“ Das Vorgehen ergebe sich aber aus dem Gesetz. Vor diesem Hintergrund könne sie sich aktuell öffentlich auch nicht tiefergehend zu den Inhalten des Gutachtens äußern.

„Wir haben uns in den vergangenen Monaten intensiv mit der vertieften Aufarbeitung des Falls beschäftigt. Im Genossenschaftsrecht existiert ein sehr ausdifferenziertes System von checks and balances, das derartige Betrugsfälle eigentlich verhindern soll. Eventus zeigt aber, dass es Verbesserungsbedarf gibt“, erläuterte die Wirtschaftsministerin. „Ich sehe beispielsweise die Aussagekraft der Qualitätskontrollberichte nach dem Genossenschaftsgesetz als begrenzt an, wenn offensichtlich kleinere Genossenschaften wie Eventus bei der Qualitätskontrolle der Prüfverbände durch externe Wirtschaftsprüfer durch das Raster fallen“, so Hoffmeister-Kraut.

Die Qualitätskontrolle der genossenschaftlichen Prüfungsverbände durch externe Wirtschaftsprüfer soll feststellen, ob die Qualitätssicherung insgesamt und bei einzelnen Aufträgen entsprechend der gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden. Dazu wird unter anderem die Bearbeitung einer bestimmten Zahl von genossenschaftlichen Pflichtprüfungen untersucht. Laut Gesetzeswortlaut werden jedoch lediglich Genossenschaften mit einer Bilanzsumme von mehr als 1,5 Millionen Euro und Umsatzerlösen von mehr als 3 Millionen Euro stichprobenartig einbezogen. Prüfungen kleinerer Genossenschaften – zu denen auch die Eventus eG zählte – sind folglich nicht Teil der Qualitätskontrolle. Gleiches gilt auch für die gutachterlichen Äußerungen der Prüfungsverbände bei der Gründungsprüfung.

„Nach meiner Auffassung sollte die Qualitätskontrollprüfung künftig auch diese beiden Punkte umfassen“, betonte Hoffmeister-Kraut. Sie kündigte an, mit konkreten Verbesserungsvorschlägen das Gespräch mit den anderen Ländern und dem Bund zu suchen und sich „über den aktuellen Fall hinaus auch weiterhin dafür einzusetzen, dass solche Fälle noch weniger wahrscheinlich werden, indem die Prüfsystematik weiter verbessert wird“.

Auch intern werde das Ministerium nochmals prüfen, um sicher zu gehen, dass geltende Vorgaben eingehalten werden. „Auf Basis der derzeitigen Erkenntnisse sehe ich nicht, dass die Ausübung der Staatsaufsicht über den vbw fehlerbehaftet war“, so Hoffmeister-Kraut abschließend.

Weitere Meldungen

Mensch und Roboter begrüßen sich, indem Sie die Knöchel aneinanderdrücken.
Förderung

de:hubs in Stuttgart, Mannheim und Karlsruhe starten in dritte Förderphase

Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg fördert die drei de:hubs im Land in einer dritten Förderphase mit insgesamt rund 1,2 Millionen Euro aus dem Doppelhaushalt 2025/2026 über zwei Jahre.

Europäische Flaggen
Förderung

Land stellt 15 Millionen Euro für moderne kommunale Infrastrukturen bereit

Mit einem veröffentlichten Förderaufruf unterstützt das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Kommunen, Kreise und kommunale Einrichtungen beim Ausbau und der Modernisierung ihrer Innovationsinfrastrukturen.

Europaflagge / ©Harald Richter
Förderung

Land unterstützt die Entwicklung von Prototypen mit weiteren 6,3 Millionen Euro

Wirtschaftliches Potenzial für strategische Technologien besser nutzen: Land unterstützt die Entwicklung von Prototypen mit weiteren 6,3 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE).

Playful young woman playing I Spy
Ausbildung

Zumeldung zur Landespressekonferenz: Erfolgreicher Abschluss der Ausbildung wichtig

"Um dem Fachkräftemangel zu begegnen und in eine berufliche Karriere durch Weiterbildungen durchzustarten, ist der erfolgreiche Abschluss der Ausbildung wichtig“, so Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut.

Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut
Automobil

Hoffmeister-Kraut fordert von EU pragmatische, konkrete Lösungen

Vor dem Strategischen Dialog der europäischen Automobilindustrie am morgigen Freitag erneuert die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut ihre Forderung an die EU, das pauschale Verbrenner-Verbot ab 2035 zu kippen.

Gruppenbild mit Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut beim Besuch der Firma Wafios
Automobil

Gelungene Beispiele der der Transformation in der Automobilbranche

Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut informiert sich über gelungene Beispiele der Transformation in der Automobilbranche.

Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut
Automobilwirtschaft

Ministerin äußert sich zur Lage der Automobilwirtschaft

Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut: „Wir brauchen einen Realitätscheck und Pragmatismus in der Politik“

Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut
Lieferkettengesetz

Zumeldung zur geplanten Reform des Lieferkettengesetzes

Hoffmeister-Kraut: Auch Dokumentationspflicht abschaffen

Europaflagge / ©Harald Richter
EU

EU-Flotten-Dekarbonisierung

EU-Flotten-Dekarbonisierung: Baden-Württemberg und Bayern drängen auf Technologieoffenheit.

unsplash / Johannes Plenio
Förderung

Baden-Württemberg fördert Fraunhofer-Institute mit rund 3,9 Millionen Euro

Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg fördert acht Transferprojekte von 12 Instituten der Fraunhofer-Gesellschaft in Baden-Württemberg mit insgesamt rund 3,9 Millionen Euro in den Jahren 2025 bis 2028.

Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut
Arbeitsmarkt

Zumeldung Arbeitsmarktzahlen

Über 300.000 Arbeitslose im Land sind ein klares Warnsignal für den Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg.

Europaflagge / ©Harald Richter
EU

Zumeldung: EU plant Verschärfung der CO₂-Flottengrenzwerte

Die EU-Kommission plant Anpassungen der Abgasstufe Euro 6e-bis und Euro 6e bis FCM. Hierzu äußerst sich Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut.

Quelle: unsplash / dylan-gillis
Ausbildung

AzubiCard Baden-Württemberg

Die vor fünf Jahren eingeführte AzubiCard wird zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres wieder von den teilnehmenden Kammern an Auszubildende ausgegeben, die einen Ausbildungsvertrag abgeschlossen haben.

Wort-Bild-Logo der Kampagne Start-up BW. (Bild: Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg)
Start-up BW

17 neue Unternehmen qualifizieren sich für das Förderprogramm Start-up BW Pre-Seed

Das zentrale Entscheidungsgremium für das Frühphasenförderprogramm Start-up BW Pre-Seed hat weiteren 17 vielversprechenden jungen Unternehmen grünes Licht für eine mögliche Förderung gegeben.

Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut
Förderprogramm

Förderprogramm Regionale Digital Hubs

Im Rahmen der Initiative Wirtschaft digital BW hat das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus am 25. August einen neuen Aufruf zur Förderung von regionalen Digital Hubs in Baden-Württemberg veröffentlicht.