Baden-Württembergs neuer Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) hat bei seiner ersten Rede vor dem Deutschen Bundestag am Donnerstag (30. Juni 2011) in Berlin den Zick-Zack-Kurs der Bundesregierung beim Atomausstieg scharf kritisiert. „Ebenso wie ihre Pläne zu Steuersenkungen auf Pump eher als Rösler-Rettungsring zu verstehen sind, so hatte auch der Ausstieg vom Ausstieg vom Ausstieg im März vor allem das Ziel, in Baden-Württemberg eine marode Landesregierung über den Wahltag zu retten“, sagte Schmid in seiner Rede und ergänzte: „Ich freue mich über viele reuige Sünder in diesem Haus.“ Das Land begrüße diese Kehrtwende der Bundesregierung und ihre Entscheidung, zum Atomausstieg zurückzukehren. „Wenn die Lernkurve der CDU auch bei anderen Themen so steil ist, dann kann man ja hoffen, dass bei den Steuersenkungen nicht der gleiche Fehler wiederholt wird.“
Doch gerade in der Energiepolitik müssten sich die Menschen darauf verlassen können, dass Vernunft und Sachverstand die Entscheidungen leiten würden und nicht politisches Kalkül und Klientelinteressen. „Das Autoland Baden-Württemberg ist mehr als alle anderen Bundesländer darauf angewiesen, dass in der Energie- und Wirtschaftspolitik Verlässlichkeit, Planbarkeit und Investitionssicherheit gewährleistet sind.“
Die Gelegenheit für eine echte Energiewende sei so günstig wie nie, betonte der stellvertretende Ministerpräsident. „Deshalb lehnt Baden-Württemberg eine atomare Kaltreserve entschieden ab. Eine solche Idee ist energiepolitischer Unsinn.“ Baden-Württemberg werde als Musterland Erneuerbarer Energien eine Vorbildwirkung für ganz Deutschland haben, ist Schmid überzeugt. „Wer, wenn nicht wir als starkes Industrieland, kann zeigen, dass ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit keine Gegensätze sind?“
Für Baden-Württemberg stünden vor allem die Versorgungssicherheit, die Klima- und Umweltverträglichkeit und ganz zentral auch die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund. „Energie muss bezahlbar bleiben“, betonte der Minister. „Genau aus diesem Grund wollen wir die Planung und Errichtung notwendiger Gas-Kraftwerke oder anderer Einrichtungen zum Ersatz der wegfallenden Kernkraftwerke und zur Stabilisierung der Netze im Rahmen so genannter Kapazitätsmärkte ausschreiben. Denn hier soll ein Preis- und Leistungswettbewerb der Energieversorger zu optimalen und effizienten Lösungen führen.“ Es sei für ganz Deutschland, gerade aber auch für Baden-Württemberg, wo die Windkraft über Jahre massiv von der alten Landesregierung verhindert worden sei, von zentraler Bedeutung, dass die On-Shore-Erzeugung nicht gegenüber der Off-Shore-Erzeugung benachteiligt werde. „Es geht um die Beibehaltung der bisherigen Degression, eine Erhöhung der Anfangsvergütung und darum, auch die weniger windhöffigen Lagen attraktiver zu machen.“
Die Energiewende sei eine Herkulesaufgabe, die in ganz Deutschland alle politischen Ebenen vor enorme Herausforderungen stellen werde – insbesondere beim Thema Netzausbau. „Deshalb kann sie nur dann wirklich gelingen, wenn die Kompetenzen in den Ländern und Kommunen genutzt werden anstatt auf Bundesebene theoretische Lösungen am Reißbrett zu entwerfen, denen dann vor Ort die Akzeptanz fehlt. Deshalb muss die Kompetenz für Raumordnungs- und für Planfeststellungsverfahren Ländersache bleiben“, forderte Schmid.
Quelle:
Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg