Ein neues Studien- und Forschungszentrum für Leistungselektronik ist im Großraum Stuttgart entstanden. Es beheimatet das im Jahr 2009 von der Bosch-Gruppe zusammen mit der Hochschule Reutlingen, der Universität Stuttgart und dem Land Baden-Württemberg gegründete „Robert Bosch Zentrum für Leistungselektronik“ (RBZ). „Das Zentrum stärkt entscheidend die Ausstrahlungskraft der Wirtschaft und Wissenschaft von Baden-Württemberg“, so Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid. Insgesamt werden mehr als 30 Millionen Euro über rund zehn Jahre in fünf neue Professuren und Infrastruktur investiert. Die Kooperation ist die erste und bisher einzige dieser Art in Deutschland. Mit einem Festakt ist der Forschungs- und Lehrverbund heute offiziell am neuen Standort in Reutlingen-Rommelsbach eröffnet worden. Studierenden, Professoren und Forschern stehen dort auf einer Gesamtfläche von rund 1.800 Quadratmetern hochwertig ausgestattete Hörsäle und Labors zur Verfügung.
Das Lehr- und Forschungszentrum soll mit speziellen Studiengängen und Forschungsprojekten in der Hochschule Reutlingen und der Universität Stuttgart dafür sorgen, dass für die Bosch-Gruppe und andere Unternehmen dringend benötigte Elektronik-Ingenieure zur Verfügung stehen. „Die Studierenden werden dabei gezielt auf die neuen fachlichen Herausforderungen der Zukunftsfelder Elektromobilität und erneuerbare Energien vorbereitet. Denn gerade in diesen Bereichen werden künftig viele neue Arbeitsplätze entstehen“, sagte der Reutlinger Hochschul-Präsident Prof. Dr. Peter Nieß.
Eine Besonderheit des neuen Studien- und Forschungszentrums ist das gemeinsame Promotionsprogramm zwischen der Universität Stuttgart und der Hochschule Reutlingen. Es ermöglicht den besten Absolventinnen und Absolventen beider Hochschulen die Promotion und hat Modellcharakter für weitere inzwischen beschlossene kooperative Promotions-programme zwischen Universitäten und Hochschulen. Für die Doktoranden stehen insgesamt elf Stipendien zur Verfügung.
Zukunftsweisendes Forschungsthema
Die Leistungselektronik ist ein zukunftsweisendes Forschungsthema mit vielseitigen Einsatzmöglichkeiten auf Feldern wie den Erneuerbaren Energien, der Medizintechnik, der Haustechnik oder der Elektromobilität. „Wichtig ist es dabei, nicht nur die Einzelkomponenten zu betrachten, sondern die Gesamtsysteme zu optimieren. Die Zusammenarbeit mit dem Marktführer Bosch und der international aufgestellten Hochschule Reutlingen ermöglicht einen solchen systemischen Ansatz und eröffnet über ein gemeinsames Promotionsprogramm zudem neue Wege in der Doktorandenausbildung“, so der Rektor der Universität Stuttgart, Prof. Wolfram Ressel.
Aufbau und Betrieb wird mit rund zwölf Millionen Euro vom Land gefördert
Insbesondere die Elektromobilität und erneuerbare Energien bieten enormes Potential und werden von der neuen Landesregierung als bedeutende Wachstumsfelder der Wirtschaftspolitik angesehen. Ohne Leistungselektronik sind weder Elektromobilität, noch erneuerbare Energien denkbar. „Um Komponenten und Systeme der Leistungselektronik schnell in bezahlbaren und kundenorientierten Produkten umsetzen zu können, ist eine enge Verzahnung von Industrie und Wissenschaft erforderlich“, betonte Nils Schmid, Minister für Finanzen und Wirtschaft. „Auch angesichts des drohenden Fachkräftemangels ist es wichtig, dass in unserem Land Möglichkeiten geschaffen werden, gutes Fachpersonal vor Ort auszubilden.“
Um den Technologietransfer realisieren zu können, müssen die Themen der Leistungselektronik effizient in die Aus- und Weiterbildung integriert und ein Transfer zwischen Unternehmen, Hochschulen und Universitäten ermöglicht werden. „Das Robert Bosch Zentrum für Leistungselektronik ist hier ein gelungenes Beispiel“, lobte Minister Schmid. „Mit der Kooperation entsteht ein Forschungs- und Lehrverbund, der die ganze Bandbreite von Hochschulausbildung, Forschung, Technologietransfer, Nachwuchsförderung und wissenschaftlicher Weiterbildung abdeckt.“ Der Aufbau und Betrieb des Robert Bosch Zentrum für Leistungselektronik wird vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst mit einem Zuschuss in Höhe von rund zwölf Millionen Euro unterstützt.
Neuer Master-Studiengang an der Hochschule Reutlingen
Auf Basis der Kooperation ist an der Hochschule Reutlingen der neue Master-Studiengang „Leistungs- und Mikroelektronik“ entwickelt worden. Die Kombination aus Leistungs- und Mikroelektronik ist der Schlüssel für eine auf erneuerbaren Energien beruhende Stromversorgung. Ob rein elektrisch angetrieben oder in der Hybrid-Variante: Jeder elektrische Antriebsmotor in einem Auto benötigt Leistungselektronik für die Ansteuerung.
Die Studierenden lernen in vier Semestern Bauelemente, Schaltungen und Systeme zu entwickeln und einzusetzen. Sie werden beispielsweise mit modernen Software-Werkzeugen selbst einen Mikrochip entwerfen, bei Bosch fertigen lassen und anschließend im Labor untersuchen. Komplexe Mikrochips sind in vielen modernen Produkten eingebaut, zum Beispiel in Autos, Robotern, Hochgeschwindigkeitszügen oder Navigationsgeräten.
Der Studiengang mit jährlich 30 Studienplätzen ist bereits im Oktober 2010 gestartet – zunächst auf dem Hochschul-Campus in Reutlingen-Hohbuch. Zudem haben drei neu berufene Professoren für das RBZ ihre Tätigkeit aufgenommen, die über umfangreiche Industrieerfahrung bei Infineon, Texas Instruments und Bosch verfügen: Prof. Dr.-Ing. Martin Pfost (Leistungselektronik), Prof. Dr.-Ing. Jürgen Scheible (Electronic Design Automation) und Prof. Dr.-Ing. Bernhard Wicht (Integrierte Schaltungstechnik).
Uni Stuttgart erweitert ihr Studienprogramm
An der Universität Stuttgart hat der Master-Studiengang Elektro- und Informationstechnik den Wahlschwerpunkt Mikro-, Opto- und Leistungselektronik erhalten. Zudem sind Vorlesungen der Leistungselektronik Pflichtbestandteile des Bachelor-Studiengangs Erneuerbare Energien und des neuen Master-Studiengangs Nachhaltige elektrische Energieversorgung. Am RBZ beteiligt sind Prof. Dr. Jörg Schulze, Leiter des Instituts für Halbleitertechnik und Prof. Dr. Jörg Roth-Stielow, Leiter des Instituts für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe. Zwei weitere Professuren werden an der Universität Stuttgart noch neu eingerichtet.
Standort Reutlingen-Rommelsbach
Das RBZ ist auf dem Gelände des ehemaligen Bosch-Fertigungsstandorts in Reutlingen-Rommelsbach entstanden. Dazu Dr. Wolfgang Malchow, Bosch-Geschäftsführer Personal: „Wir freuen uns, dass wir eng mit der Region verbunden bleiben. Und die Weiterentwicklung des Produktionsstandorts zu einem modernen Wissenschaftsstandort zeigt, dass Bosch wandlungsfähig auch auf diesem Gebiet ist.“ Die Räume wurden komplett auf Bedürfnisse des neuen Zentrums umgebaut und von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GWG gemietet, die Eigentümerin des ehemaligen Industrieareals ist.
Quelle:
Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg