Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft zieht das Gutachten der Märkischen Revision zur Höhe etwaiger Ersatzansprüche im Falle eines Ausstiegs des Landes aus dem Projekt S 21 in Zweifel.
Staatssekretär Rust: "Ich frage mich, auf welcher seriösen Zahlenbasis das Gutachten der Märkischen Revision zur Höhe etwaiger Ersatzansprüche im Falle eines Ausstiegs des Landes aus dem Projekt Stuttgart 21 erstellt worden ist. Einerseits sagt Hermann, das Gutachten ist kein Schätzgutachten, andererseits klagt Verkehrsminister Hermann laufend, dass die Bahn angeblich nur unzureichende Informationen zu den tatsächlichen Kosten des Projektes herausrücke." Außerdem würde, so der Staatssekretär weiter, von Verkehrsminister Hermann der Eindruck erweckt, dass gegenüber dem Land nur die Bahn Ersatzansprüche geltend machen könnte. Er vergesse aber, dass es neben der Bahn beim Projekt S 21 auch noch andere Vertragspartner gebe, die ebenfalls im Vertrauen auf die Gültigkeit der Finanzierungsvereinbarungen Investitionen in Millionenhöhe getätigt haben, die im Falle einer Kündigung nutzlos werden, wie z. B. die Landeshauptstadt Stuttgart und der Verband Region Stuttgart.
Das Gutachten schließt keine Infolücke, sondern wirft Lücken auf: Eigentliche Fragen bleiben unbeantwortet, wie die Höhe der Kosten einer Alternative zu S 21. Zudem stellt sich die Frage, warum das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur ein weiteres Gutachten, das dem Land viel Geld kostet, eingeholt hat, nachdem im Rahmen der Schlichtung bereits Gutachten von drei Wirtschaftsprüfern zu der Frage der Höhe der Ausstiegskosten eingeholt wurden, darunter auch von der Märkischen Revision. Damals haben drei renommierte und unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaften die Angaben der Deutschen Bahn zur Höhe der Ausstiegskosten auf Plausibilität hin überprüft. Eine der Gesellschaften kam zu der Auffassung, dass ein Ausstieg aus S 21 für die Deutsche Bahn rund 1 Milliarde Euro kosteten würde, eine andere hielt sogar 1,5 Milliarden Euro für plausibel. Die Märkische Revision schrieb damals in diesem Gutachten "Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Ausstiegskosten im ungünstigsten Fall nach den Zahlenangaben der DB [...] zusammen € 653,1 Mio. Euro zuzüglich kalkulatorischer Zinsen auf diese Ausstiegskosten umfassen." Nun wirft die Märkische Revision jetzt plötzlich ihr damaliges Gutachten über den Haufen und rechnet Kosten zu Lasten der Bahn und ihrer Vertragspartner auf nur noch 350 Millionen Euro herunter. Das nährt den Verdacht, dass das Gutachten von der Hausprüfungsgesellschaft des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur "bestellt" wurde.
„Die Diskussion über apodiktische Zahlen ist zudem völlig sinnlos“, so Staatssekretär Rust weiter. „Nicht die Bahn, nicht die übrigen Projektpartner, nicht Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und auch nicht die Politik würden am Ende über die Höhe der Ersatzansprüche gegenüber dem Land entscheiden. Dies wäre einzig Sache der Gerichte, wie sogar das Gutachten selbst feststellt.“ Die genaue Höhe der Schadensersatzansprüche hängt nicht zuletzt davon ab, auf welchen Kündigungsgrund sich das Land stützen wird. Nach einem entsprechenden Ergebnis der Volksabstimmung wäre dies das erste, was geklärt werden müsse. Die Berechtigung von Kündigungsgründen und die Höhe der Ersatzansprüche im Falle eines Ausstieges müssten dann voraussichtlich gerichtlich geklärt werden. Sollte das Gericht zum Ergebnis kommen, dass dem Land keine berechtigten Kündigungsgründe vorgelegen haben, drohe dem Land eine unbegrenzte Haftung für alle den Vertragsparteien entstandenen Schäden, einschließlich Vermögensschäden.
„Als Staatssekretär für Finanzen und Wirtschaft bin ich dazu verpflichtet, Schaden vom Haushalt des Landes abzuwenden und auf drohende Risiken in Milliardenhöhe hinzuweisen“, so Staatssekretär Rust, der auch Mitglied des Lenkungskreises zu Stuttgart 21 ist.
Quelle:
Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg