Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid hat am 24. August 2015 gemeinsam mit BWIHK-Präsident Dr. Peter Kulitz, Wolfgang Wolf, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des LVI, Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg, DGB-Landeschef Nikolaus Landgraf und Catharina Clay, Landesbezirksleiterin des IGBCE die Ergebnisse des Industriedialogs Baden-Württemberg präsentiert.
Alle Partner des Industriedialogs Baden-Württemberg haben als Ergebnis eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet. Darin haben die Beteiligten, zu denen auch die Arbeitgeber Baden-Württemberg und der Baden-Württembergische Handwerkstag (BWHT) zählen, eine gemeinsame Handlungsgrundlage für den Industriestandort Baden-Württemberg für die kommenden Jahre entwickelt.
„Die Industrieperspektive 2025 ist ein nachdrückliches Bekenntnis aller Beteiligten zu unserem Industriestandort. Die Industrie im Land steht für Wertarbeit made in Baden-Württemberg. Mit der Industrieperspektive wird ein wichtiger Meilenstein des baden-württembergischen Modells für eine moderne und dialogorientierte Industriepolitik gelegt“, sagte Schmid. Die gemeinsame Erklärung und das formulierte Leitbild für die Industrie Baden-Württembergs im Jahr 2025 bildeten einen wegweisenden Handlungsrahmen, um in enger Abstimmung mit der Wirtschaft und den Gewerkschaften auf eine weiterhin positive Industrieentwicklung hinzuwirken.
„Die Industrie in Baden-Württemberg steht sehr gut da. Mit einer Bruttowertschöpfung von 128 Milliarden Euro in 2014 und einem Wertschöpfungsanteil von 32,5 Prozent ist Baden-Württemberg relativ, aber auch absolut gesehen, das stärkste Industrieland in Deutschland, noch vor Bayern und Nordrhein-Westfalen. Baden-Württemberg hat, bezogen auf die Bevölkerung, so viele Weltmarktführer wie kein anderes Bundesland“, so Schmid Die Industrie im Land würde gleichzeitig aber auch vor großen Herausforderungen stehen, die man gemeinsam mit der Wirtschaft und den Gewerkschaften angehen müsse.
Vor diesem Hintergrund wurden gemeinsam mit dem Landesverband der Industrie, dem Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertag, den Arbeitgebern Baden-Württemberg, dem Baden-Württembergischen Handwerkstag, der IG Metall, der IG Bergbau, Chemie und Energie und dem Deutschen Gewerkschaftsbund Ideen erarbeitet, wie der Industriestandort mittel- und langfristig noch besser ausgerichtet werden kann.
Im Industriedialog wurden von den Beteiligten vier zentrale Handlungsfelder identifiziert. Für die Zukunft des Industriestandorts sei es entscheidend, Fachkräfte nachhaltig für die Industrie zu gewinnen, Innovation und Gründung zu fördern, den Industriestandort attraktiv zu gestalten und die Industrieakzeptanz weiter zu verbessern. Dabei seien in diesen Feldern in den vergangenen Jahren bereits wichtige Initiativen gestartet und wesentliche Fortschritte erreicht worden.
„Die Fachkräfteallianz wurde ins Leben gerufen und erst vor wenigen Wochen ist das Ausbildungsbündnis 2015 bis 2018 geschlossen worden. Die Betreuungsquote für unter Dreijährige als wichtiges Angebot zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat sich zwischen 2010 und 2014 von 18,3 auf 27,7 Prozent erhöht. Auch bei der Qualifizierung, vor allem bei An- und Ungelernten, sind wir auf einem guten Weg. Trotzdem sind weitere Anstrengungen notwendig“, so Minister Schmid. Daneben sei das Thema Digitalisierung ein entscheidendes Zukunftsthema. Deswegen sei die Einsetzung der „Allianz Industrie 4.0 Baden-Württemberg“ eine wichtige Weichenstellung für die Wirtschaft im Land gewesen, die weiter vorangetrieben werden müsse.
„Die digitale Bildung in der beruflichen Ausbildung- und Weiterbildung muss unbedingt stärker ausgebaut werden. Wir müssen sicherstellen, dass es auch in Zukunft qualifizierte Fachkräfte gibt“, sagte Schmid. Damit Baden-Württemberg bei der Digitalisierung der Wirtschaft eine führende Rolle einnehmen könne, müsse die Offensive für digitale Bildung im Land weiter verstärkt werden. Deshalb sei unter anderem auch ein Förderaufruf zu Lernfabriken 4.0 an acht beruflichen Schulen in Baden-Württemberg von seinem Ministerium gestartet worden. Daneben müsse auch die Innovationskraft des Mittelstands weiterhin gestärkt werden.
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„Diese Erklärung ist ein wichtiges und richtiges Signal für unsere starken Industriebetriebe, die ein bedeutender Wohlstandsmotor in unserem Land sind. Die Herausforderungen der Zukunft sind vielfältig. Unsere Landesregierung muss sich entschieden dafür einsetzen, dass die Energiewende gelingt sowie eine bezahlbare und sichere Stromversorgung für unsere Betriebe gewährleistet ist. Die anstehenden Aufgaben sollten jenseits politischer Farben bewältigt werden, um das Potenzial unseres Industriestandorts dauerhaft nutzen zu können. Nachdruck ist seitens der Landesregierung auch beim Einsatz für eine stetige Verbesserung der industriellen Rahmenbedingungen und Standortfaktoren sowohl in Baden-Württemberg als auch mit deutlich höherem Einsatz auf Bundesebene gefordert“, sagte BWIHK-Präsident Dr. Peter Kulitz, Baden-Württembergischer Industrie- und Handelskammertag.
„Ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil der baden-württembergischen Industrie sind die geschlossenen Wertschöpfungsketten. Diese und die daraus sich entwickelnde Innovationsdynamik gilt es durch wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen zu stärken. Dazu gehört vor allem, den Unternehmen keine weiteren finanziellen und bürokratischen Belastungen aufzuerlegen und stattdessen Investitionen in die Infrastrukturen Verkehr, Energie und Breitband erheblich zu intensivieren. Hierauf sollte die Landesregierung ihre Anstrengungen im Land und gegenüber dem Bund konzentrieren“, so Wolfgang Wolf, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Landesverband der Baden-Württembergischen Industrie.
Die Arbeitgeber Baden-Württemberg sehen die Sicherung des Industriestandortes Baden-Württemberg als oberstes Ziel. Hauptgeschäftsführer Peer-Michael Dick: „Unser Wohlstand und die aktuell sehr gute Arbeitsmarktsituation hängen maßgeblich von den industriellen Arbeitsplätzen im Land ab. Umso mehr gilt es, verlässliche und zukunftssichernde Rahmenbedingungen für unsere Industrie zu schaffen. Die Fachkräftesicherung, eine verlässliche Infrastruktur sowie attraktive rechtliche Rahmenbedingungen sind zentrale Erfolgsfaktoren für die Zukunft. Auch deshalb engagieren wir uns in der Fachkräfteallianz oder in der Allianz Industrie 4.0 der Landesregierung.“
„Eine gute Industrie braucht auch gute Mitbestimmung, Tarifverträge und Betriebsräte. Der Industriedialog ermöglicht einen Austausch auf Augenhöhe und gewährleistet, dass die Interessen der Beschäftigten angemessen berücksichtigt werden. Sie machen die Erfolge der baden-württembergischen Industrie erst möglich“, sagte Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg.
Catharina Clay, Landesbezirksleiterin der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie: „Bedingt durch stetige Veränderung in der Industrie und der industriellen Arbeitswelt begrüßen wir, dass Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften die gemeinsame und langfristig angelegte Industrieperspektive 2025 für Baden-Württemberg entwickelt haben und verfolgen werden. Für uns als Industriegewerkschaft, zuständig unter anderem für Chemie, Pharma, Papier, ist es selbstverständlich, dass wir uns hierbei zukunftsorientiert beteiligen. Schließlich sind es wir Gewerkschaften, unsere Betriebsräte und betrieblichen Gewerkschaftsvertreter, die im sozialpartnerschaftlichen Konsens mit den Arbeitgebern nachhaltig gute Arbeit, vernünftige Arbeits- und Lebensbedingungen und Qualität in der Beschäftigung durch Mitbestimmung, Tarifverträge und betriebliche Regelungen mitgestalten. Dies erhält das Industrieland Baden-Württemberg für Unternehmen und qualifizierte Beschäftigte attraktiv.“
DGB-Landeschef Nikolaus Landgraf: „Ich begrüße, dass Minister Schmid angesichts der großen Herausforderungen eine aktive und gestaltende Industriepolitik im Dialog mit der Wirtschaft und den Gewerkschaften voranbringt. Unsere gemeinsame Aufgabe ist es, den Strukturwandel sozial und ökologisch zu gestalten. Die Industrieperspektive 2025 soll auf sichere Arbeitsplätze und gute Arbeit für die Menschen in Baden-Württemberg zielen“.
BWHT-Präsident Rainer Reichhold begrüßte, dass das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft nicht nur alleine Industrievertreter und Gewerkschaften an den Tisch geholt habe, sondern mit dem Handwerk auch einen wichtigen Partner der Industrie in vielen Wertschöpfungsketten. In den Fachgesprächen der letzten Monate habe sich klar herauskristallisiert, dass viele Herausforderungen der Industriebetriebe in ähnlicher Form auch auf das Handwerk zutreffen würden. Als Beispiele nannte Reichhold die angespannte Fachkräftesituation, den technologischen Strukturwandel und eine gute Infrastruktur. Baden-Württemberg müsse seine Wirtschaftskraft auch in Zukunft halten und ausbauen: „Das geht nur mit einer gemeinsamen Anstrengung aller Akteure.“