Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid hat gemeinsam mit den Partnern des Ausbildungsbündnis‘ die Bilanz des Ausbildungsjahrs 2013 gezogen. Im Ausbildungsjahr 2013 wurden knapp 2.000 weniger Ausbildungsverträge abgeschlossen als im Vorjahr. Die Zahl der Ausbildungsverträge sank damit im dritten Jahr in Folge. Die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze verringerte sich von rund 5.500 auf rund 4.900, blieb aber auf hohem Niveau.
Gemeinsam mit dem Ausbildungsbündnis startet die Landesregierung daher einen vierjährigen Modellversuch zur Reform des Übergangs von der Schule in den Beruf in vier baden-württembergischen Modellregionen. Ab dem Schuljahr 2014/15 sollen die Modellregionen Mannheim, Weinheim, Ostalbkreis und Rems-Murr-Kreis mit der Umsetzung beginnen. Grundlage ist ein im November 2013 vom Ausbildungsbündnis vorgestelltes Eckpunktepapier zur Reform des Übergangs von der Schule in den Beruf.
Stimmen der Partner aus dem Ausbildungsbündnis
Wirtschaftsminister Nils Schmid: „Die Zahlen vom Ausbildungsmarkt belegen den Handlungsbedarf: mehr Stellen als Bewerber, weniger Ausbildungsverträge und eine konstant hohe Anzahl unbesetzter Ausbildungsplätze. Der neue Modellversuch soll Jugendliche besser in die Berufsausbildung bringen und Betriebe bei der Fachkräftesicherung unterstützen“.
Kultusstaatssekretärin Marion v. Wartenberg: „Wir verstärken die Berufsorientierung an den allgemein bildenden Schulen, um junge Menschen bestmöglich auf ihre Berufsentscheidung vorzubereiten. Um Jugendliche mit Förderbedarf noch besser zu unterstützen, erproben wir den neuen Bildungsgang AV dual an beruflichen Schulen in mehreren Modellregionen des Landes in enger Zusammenarbeit mit den beteiligten Unternehmen.“
Wolfram Leibe, Mitglied der Geschäftsführung der Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit: „Wir sind beim Ausbildungsbündnis mit unserem Ziel, den betrieblichen bzw. praktischen Aspekt mehr in den Vordergrund zu rücken auf einem guten Weg. Deshalb appelliere ich auch an alle, die am Thema Ausbildung arbeiten, nicht die berufliche gegen die duale oder universitäre Ausbildung auszuspielen. Wir sollten die Vielfalt nutzen und immer daran denken, dass die jungen Menschen einen praxisnahen oder betriebsnahen Bezug bei ihrer Ausbildung haben. Das ist es auch, was unser Modell, im Gegensatz zu den meisten europäischen Partnern so erfolgreich macht“, so
Professor Dr. Dieter Hundt, Präsident der Arbeitgeber Baden-Württemberg: „Die Dynamik wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklungsprozesse ist äußerst hoch, das Geschehen am Ausbildungsmarkt extrem komplex. Deshalb führt es zu nichts, auf rückläufige Ausbildungsplatzzahlen mit gegenseitigen Vorwürfen zu reagieren nach dem Motto ‚fehlende Ausbildungsbereitschaft‘ versus ‚mangelnde Ausbildungsreife‘. Die Lage erfordert ein abgestimmtes Vorgehen, wie bei der Weiterentwicklung des Übergangsbereichs von Schule und Beruf. Es ist ein großer Erfolg aller Bündnispartner, dass es hier gelungen ist, in einem breiten Konsens aller Beteiligten Eckpunkte für die Weiterentwicklung zu formulieren und jetzt die Umsetzung in vier Pilotregionen auf den Weg zu bringen.“
Gabriele Frenzer-Wolf, stellvertretende DGB-Bezirksvorsitzende: „Zentraler Baustein zur Sicherstellung der Ausbildungsgarantie in Baden-Württemberg ist aus Sicht des DGB und seiner Gewerkschaften der neue Bildungsgang BQdual. Jugendliche, die sich vergeblich um einen Ausbildungsplatz bemüht haben, müssen die Möglichkeit bekommen, über diesen Bildungsgang einen Berufsabschluss zu erreichen. Wir erwarten daher von der Landesregierung und den Stadt- und Landkreisen, dass die Voraussetzungen zur Einführung von BQdual geschaffen werden und BQdual in den Modellregionen zügig realisiert wird.“
Andreas Richter, Hauptgeschäftsführer der IHK Region Stuttgart und Federführer Ausbildung der IHKs in Baden-Württemberg: „Damit wir wieder mehr Auszubildende bekommen, müssen wir neben einem gezielten Ausbildungsmarketing vor allem zwei Dinge tun: Erstens eine systematische und praxisnahe Berufsorientierung an Gymnasien einführen, wozu ein verpflichtender Tag der Berufsbildung an jeder Schule gehört. Zweitens müssen mehr Jugendliche direkt von der Schule in eine Berufsausbildung einsteigen und ohne Umwege zu Fachkräften ausgebildet werden. Die IHKs unterstützen die Schulen vor Ort. In den Modellversuchen erhalten die Jugendlichen frühzeitig einen engen Kontakt zur betrieblichen Praxis. So entstehen Ausbildungsverhältnisse. “
Oskar Vogel, Hauptgeschäftsführer des Baden-Württembergischen Handwerkstages: „Verbessert hat sich zunächst einmal der Ausbildungsmarkt für die lernbereiten jungen Menschen. Im Handwerk gebe es gegenüber der Nachfrage einen deutlichen Überhang an Ausbildungsangeboten. Umso bedauerlicher sei es, dass der Anteil der Jugendlichen im schulischen Übergangsbereich zuletzt wieder angestiegen ist. Der Handwerkstag begrüße deshalb die Erprobung des Ausbildungsganges AV Dual und beteilige sich selbstverständlich daran: Nach wie vor stehen wir zu der Zusage, auch schwächeren Jugendlichen eine Brücke in Ausbildung zu bauen.“
Bündnis startet Modellversuch zur Reform des Übergangsbereichs
Kern des Versuchs ist der Ausbau der Berufsorientierung an den allgemein bildenden weiterführenden Schulen, die in den Unterrichtsalltag integriert werden soll. Die Berufsberatung der Agenturen für Arbeit und der Partner aus Kammern und Verbänden der Wirtschaft unterstützen die Schulen bei Planung, Gestaltung und Umsetzung der Berufsorientierung.
Für Jugendliche mit Förderbedarf wird an den beruflichen Schulen ein neuer Bildungsgang AVdual (duale Ausbildungsvorbereitung) eingerichtet, der die bisherigen Bildungsgänge Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) und Berufseinstiegsjahr (BEJ) ersetzt. AV dual richtet sich an Jugendliche, die nach dem Besuch der allgemein bildenden Schule keinen Ausbildungsplatz finden und weiteren Förderbedarf haben. In AV dual können die jungen Menschen konkrete berufliche Anforderungen kennenlernen, ihre persönlichen Vorlieben herausfinden und ihre individuellen Lern- und Leistungsfähigkeiten einschätzen und verbessern.
Nach einer Orientierungsphase zu Beginn des Schuljahres ist ein Betriebspraktikum von in der Regel zwei Tagen in der Woche vorgesehen mit dem Ziel, dass die Jugendlichen einen Einstieg in eine betriebliche Ausbildung finden können. Die Wirtschaft hat in den Modellregionen zugesichert, ausreichende Praktikumsplätze für den Mo-dellversuch zur Verfügung zu stellen.
Die Modellregionen richten ein regionales Übergangsmanagement ein, das die Partner vor Ort koordinieren soll. Das Land fördert die kommunale Koordinierung in den Modellregionen mit insgesamt jährlich 350.000 Euro. Die Kommunen werden auch die regionale Steuerung übernehmen.
Die Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt
Im Ausbildungsjahr 2013 gab es bei der Bundesagentur für Arbeit bis zum 30. September deutlich mehr gemeldete Ausbildungsplätze (72.439) als gemeldete Bewerber (66.109). Im Vorjahr Die Zahl der neuen Ausbildungsverträge sank im Ausbildungsjahr 2013 gegenüber dem Vorjahr um 2,5 Prozent von 76.317 auf nunmehr 74.391 Neuverträge (Stichtag 30. September). Die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze ist von 5.548 auf 4.919 gesunken. Unbesetzt blieben Ausbildungsplätze vor allem in der Gastronomie, im Bauhauptgewerbe, dem Nahrungsmittelhandwerk und im Einzelhandel
Zum Stichtag 30. September konnten 8.107 Jugendliche ihren Ausbildungswunsch nicht realisieren (Vorjahr 7.935). Sie haben sich zunächst für eine Alternative entschieden, suchen aber weiter nach einem Ausbildungsplatz. Weitere 798 Jugendliche blieben unversorgt (Vorjahr: 457).
Partner im „Bündnis zur Stärkung der beruflichen Ausbildung und des Fachkräftenachwuchses in Baden-Württemberg 2010 – 2014“ sind Staatsministerium, Finanz- und Wirtschaftsministerium, Kultusministerium, Sozialministerium, Baden-Württembergischer Industrie- und Handelskammertag, Baden-Württembergischer Handwerkstag, Landesvereinigung Baden-Württembergischer Arbeitgeberverbände, Landesverband der Freien Berufe Baden-Württemberg, Deutscher Gewerkschaftsbund Baden-Württemberg, Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit, Gemeindetag Baden-Württemberg, Landkreistag Baden-Württemberg und Städtetag Baden-Württemberg.