Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut startet am Sonntag (24. Februar) zu einer sechstägigen Delegationsreise nach China. „China ist unser wichtigster asiatischer Handelspartner und für unser Land von großer strategischer Bedeutung – sowohl für den Export als auch für den Import“, erklärte Hoffmeister-Kraut am Freitag (22. Februar) in Stuttgart. „Bei den baden-württembergischen Exporten ist China dabei, Frankreich und die Schweiz zu überholen, und steigt voraussichtlich nach den USA weltweit auf Platz zwei auf.“ Mit der nationalen Strategie „Made in China 2025“ und der „Belt and Road Initiative“ stehe China derzeit ganz besonders im wirtschaftspolitischen Fokus, so die Ministerin. „Deshalb ist es höchste Zeit, dass ich mir ein persönliches Bild von den Entwicklungen vor Ort verschaffe.“ Im Mittelpunkt der Reise stehen Unternehmensbesuche in den Branchen Automotive und Künstliche Intelligenz, die für die baden-württembergische Wirtschaft von zentraler Bedeutung sind. Stationen der Reise werden die Städte Nanjing, Hangzhou, Shanghai und Shenzhen sein. Begleitet wird die Ministerin von einer rund 100-köpfigen Delegation aus Wirtschaft, Politik und Medien.
Automotive und Nachhaltige Mobilität
„Es ist für Baden-Württemberg von zentraler Bedeutung, dass der Transformationsprozess der Automobilindustrie gelingt. Der Mobilitätswandel wird die Branche tief verändern und völlig neue Geschäftsfelder hervorbringen“, erläuterte Hoffmeister-Kraut. Jeder vierte Arbeitsplatz in der deutschen Fahrzeugindustrie ist in Baden-Württemberg angesiedelt. Im Südwesten Deutschlands erwirtschaften heute rund 235.000 Beschäftige im Fahrzeugbau einen Branchenumsatz von jährlich über 110 Milliarden Euro. Bis zu 80 Prozent aller in einem Automobil verbauten Teile stammen derzeit aus der Fertigung mittelständischer Unternehmen. Damit entstehen rund 75 Prozent der automobilen Wertschöpfung in der Zuliefererindustrie. Dabei liegt die Exportquote für Personenkraftwagen bei über 75 Prozent. China ist dabei ein wichtiger Absatzmarkt.
Andererseits treibt die chinesische Zentralregierung unter Hochdruck die Elektromobilität voran. Die dortige Industrie schreitet daher in diesem Bereich mit großen Schritten voran. „Damit Baden-Württemberg auch künftig ein global führender Automobil- und Mobilitätsstandort ist, müssen unsere Unternehmen Vorreiter für klima- sowie umweltschonende Mobilität sein und den Menschen zukunftsfähige Arbeitsplätze bieten“, so Hoffmeister-Kraut. „Mit den Besuchen bei NIO oder BYD wollen wir erfahren, wo die chinesische Wirtschaft bei den entscheidenden Fragen steht: Reichweite, Infrastruktur und Preis. Zudem möchten wir über neue Themen und Trends sprechen und Möglichkeiten für künftige Kooperationen erörtern.“ Weitere Besuche im Automotivesektor stehen an bei Geely, WM Motor, Huawei und Tencent.
Künstliche Intelligenz
Bei der Künstlichen Intelligenz hat China mit dem in 2017 veröffentlichten Entwicklungsplan für Künstliche Intelligenz der neuen Generation folgendes Ziel definiert: die USA bis 2020 einholen, bis 2025 überholen und bis 2030 die Vorherrschaft im Bereich der Künstlichen Intelligenz erlangen. „Der nächste Technologiewettlauf ist also eröffnet. Wir wollen die Reise nutzen, um einen Einblick in die technologische Leistungsfähigkeit von Unternehmen wie Intellifusion oder Sensetime zu bekommen“, führte die Ministerin aus. „Mich interessiert besonders, wie in China das Zusammenspiel zwischen Forschung und kommerzieller Anwendung funktioniert und was der Staat unterstützend tun kann – soweit das bei unseren grundlegend unterschiedlichen politischen Systemen überhaupt übertragbar ist.“
„Im Zukunftsfeld KI hängt für den Standort Baden-Württemberg vieles davon ab, wie es uns gelingt, den Know-how-Transfer von der Wissenschaft in die Wirtschaft zu beschleunigen und dabei insbesondere auch unseren Mittelstand mitzunehmen“, betonte Hoffmeister-Kraut. „Wir sind hier wie in kaum einem anderen Bereich auf ein exzellentes Umfeld von Wissenschaft und Forschung sowie auf eine zukunftsfähige Infrastruktur angewiesen.“ Hier seien Politik, Wirtschaft und Wissenschaft gleichermaßen gefordert. Auch Kontakte und Delegationsreisen zu wichtigen strategischen Handelspartnern seien von zentraler Bedeutung, und trügen zu einer besseren Vernetzung bei.
Neben Intellifusion und Sensetime wird die Delegation im KI-Bereich die Firmen UB-Tech sowie Unternehmen aus dem Zhangjiang Innovationspark für Wissenschaft und Technologie in Shanghai besuchen.
Politische Gespräche zu Handels- und Investitionsfragen
Auf dem Programm stehen darüber hinaus politische Gespräche mit der Partnerprovinz Jiangsu sowie mit politischen Vertretern aus Shanghai und Shenzhen. Ziel dieser Gespräche sind einerseits die Pflege der Beziehungen, Informationen zu Maßnahmen und Programmen der chinesischen Regierung und der Austausch zu möglichen künftigen Kooperationen. Mit Jiangsu verbindet Baden-Württemberg darüber hinaus eine inzwischen 25-jährige offizielle Partnerschaft, die im Rahmen der Delegationsreise gefeiert wird. „Darauf freue ich mich ganz besonders“, betonte die Ministerin. Im Rahmen der Gemischten Arbeitsgruppen zwischen beiden Regionen konnten in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl an konkreten Projekten umgesetzt werden. „Diese gewachsenen Beziehungen helfen auch dabei, konkrete politische Anliegen und Anliegen der baden-württembergischen Unternehmen, die in China tätig sind, zu thematisieren“, unterstrich Hoffmeister-Kraut die Bedeutung der Partnerschaft. „Im Fokus der politischen Termine in Shanghai und Shenzhen steht, den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg zu positionieren und sich zu wichtigen Handels- und Investitionsfragen auszutauschen“, so die Ministerin. Außerdem will sich die Ministerin in der chinesischen Start-up-Metropole Shenzhen über die boomende Start-up-Szene informieren und darüber, wie innovative Gründerinnen und Gründer hier gezielt unterstützt werden.
Darüber hinaus wird die Ministerin Hintergrundgespräche führen, zum Beispiel mit Vertreterinnen und Vertretern des konsularischen Korps und der Außenhandelskammer. Dabei geht es um den Austausch von Einschätzungen zu den aktuellen Entwicklungen: Wohin entwickelt sich China? Wird der Kurs der Öffnung weitergefahren oder droht eine immer stärkere Abschottung mit zunehmender Stärke der chinesischen Wirtschaft? Was heißt das für deutsche Unternehmen in China?
Wirtschaftsbeziehungen China – Baden-Württemberg
In Asien ist China wichtigster Handelspartner Baden-Württembergs. 2018 wurden aus Baden-Württemberg Waren für ca. 15,9 Milliarden Euro nach China exportiert, 7,8 Prozent aller baden-württembergischen Exporte gingen nach China. Bei den Ausfuhren lag China damit 2018 auf Platz zwei der wichtigsten Exportländer Baden-Württembergs. 2017 hatte China noch auf Platz vier im Ranking der Exportländer gelegen, im vergangenen Jahr stiegen die Exporte aber um 7,8 Prozent an. Die mit Abstand meisten Exporte nach China finden traditionell aufgrund der starken Kernbranchen Baden-Württembergs im Bereich Kraftwagen und Kraftwagenteile (rund 5,1 Milliarden Euro) statt, gefolgt von Maschinen (rund 4,92 Milliarden Euro) und Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen (rund 1,78 Milliarden Euro).
Auch bei den Einfuhren ist China wichtigster asiatischer Handelspartner und liegt mit importierten Gütern im Wert von 13,53 Milliarden Euro weltweit auf Platz vier der Importländer. Dies entspricht einem Anstieg um 10,7 Prozent im letzten Jahr. Wichtigste Importgüter aus China sind Datenverarbeitungsgeräte, elektronische und optische Erzeugnisse (rund 3,57 Milliarden Euro), gefolgt von elektronischer Ausrüstung (rund 2,38 Milliarden Euro), sowie Maschinen (rund 2,15 Milliarden Euro).
Bilder der Reise finden Sie hier.