Coronavirus

Wirtschaftliche Auswirkungen der Corona-Krise nicht durch Überregulierung des Finanzsystems verstärken

Berechne Lesezeit
  • Teilen
Eine Hand mit einer Glühbirne

„In der Corona-Krise ist es für unsere an sich gesunden, überwiegend mittelständischen Unternehmen von existentieller Bedeutung, trotz wegbrechender Umsätze weiter liquide zu bleiben. Damit die dafür vorgesehenen Liquiditätshilfeprogramme von Bund und Land rasch und reibungslos zum Einsatz kommen können, braucht es jetzt dringend eine vorübergehende Lockerung der Bankenregulierung. Es darf nicht sein, dass strenge Eigenkapitalvorschriften bzw. Bilanzrichtlinien unsere Banken daran hindern, ihre vorhandenen freien Liquiditätsreserven auch tatsächlich zur Kreditvergabe an notleidende Unternehmen zu nutzen“, sagte Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut heute (19. März).

Dass die bisher aufgebaute Risikovorsorge – der sogenannte antizyklische Kapitalpuffer – abgesenkt wird, sei angesichts der krisenhaften Entwicklung das Mindeste, so die Ministerin weiter. „Wir brauchen aber dringend weitere Entlastungen für unsere Banken, vor allem bei Bilanzierungsregeln und Freibeträgen von Negativzinsen. Sonst droht eine Abwärtsspirale.“

Der rasante Konjunktureinbruch werde den Wert der Aktiva und damit das Eigenkapital vieler Banken in Mitleidenschaft ziehen. „Regulatorische Verschärfungen, die in Folge der Finanzkrise 2008/2009 eingeführt wurden, können jetzt dazu führen, dass die Kreditvergabekapazität der Banken ohne Not eingeschränkt werden“, warnte Hoffmeister-Kraut. So führe beispielsweise der aktuelle Rechnungslegungsstandard (sog. IFRS 9) dazu, dass bei verschlechterter Bonität von Kreditnehmern ein sprunghafter Anstieg der Risikovorsorge stattfinden müsse. „Dieser Effekt kann auch bei einem grundsätzlich gesunden Kreditportfolio auftreten, das Eigenkapital der Kreditinstitute erheblich belasten und mithin als Brandbeschleuniger einer Krise wirken“, so die Ministerin. Vor diesem Hintergrund müsse eine Abschwächung oder temporäre Aussetzung dieses Standards unbedingt in Erwägung gezogen werden: „Sonst drohen alle übrigen Unterstützungsmaßnahmen zu verpuffen, da die Banken viel höhere Rückstellungen bilden müssen.“

Liquiditätshilfeprogramme für Unternehmen würden in der Regel von der KfW über „Durchleitungsinstitute“ wie L-Bank und Bürgschaftsbank an die jeweiligen Hausbanken weitergereicht. „Die Durchleitungsinstitute sind allerdings durch regulatorische Entwicklungen der letzten Jahre zunehmend belastet“, sagte die Ministerin und nannte u. a. die Mehrfachbilanzierung der Fördermittel und negative Effekte auf Leverage Ratios. „Um eine schnelle, unbürokratische und kosteneffiziente Weitergabe der KfW-Mittel an die existenziell bedrohten Unternehmen sicherzustellen, sollten Durchleitungsinstitute deshalb zum jetzigen Zeitpunkt von aufsichtlichen Belastungen freigestellt werden“, so die Ministerin weiter.

Die Ministerin wies weiter darauf hin, bei der Ausreichung der Förderbankkredite über die jeweiligen Hausbanken darauf zu achten, dass bei einem evtl. Kreditausfall nicht die Asset-Qualität des Instituts beeinträchtigt werde, da das Darlehensrisiko bei der Förderbank liege.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse müsse auch die Finalisierung der Basel-III-Reformen kritisch gesehen werden. „Erhöhte Eigenkapitalanforderungen kommen zur Unzeit“, sagte Hoffmeister-Kraut. Sie sprach sich für signifikante Erleichterungen sowie eine der gegenwärtigen Situation angemessene Umsetzung der internationalen Vorgaben aus. Generell gelte es, das Prinzip der Proportionalität zu beachten, das den bestehenden und bewährten Sicherungssystemen Rechnung trägt.

Schließlich richtete die Ministerin noch einen Appell an die Geldpolitik: „Dass die EZB absehbar ihre Nullzinspolitik auf lange Sicht fortführt, mag gesamtwirtschaftlich eine angemessene Krisenreaktion sein. Doch gleichzeitig belastet der anhaltend negative Einlagenzins die Banken erheblich, obwohl diese gerade in schwierigen Zeiten auf stabile und jederzeit abrufbare Liquiditätspuffer angewiesen sind. Vor diesem Hintergrund sollten mindestens die bereits bestehenden Freibeträge ausgeweitet werden, für die die Banken keine Negativzinsen entrichten müssen.“

Weitere Meldungen

Strategiedialog Bauen
Strategiedialog

Drei Jahre Strategiedialog „Bezahlbares Wohnen und innovatives Bauen“

Seit drei Jahren arbeitet der Strategiedialog „Bezahlbares Wohnen und innovatives Bauen“ (SDB) an Lösungen für mehr bezahlbaren Wohnraum, klimagerechtes Bauen und für die digitale Transformation der Bauwirtschaft.

Podcast

Löwenherz - Der Wirtschaftspodcast / Folge 3

In unserem Podcast tauchen wir gemeinsam mit starken Persönlichkeiten aus Baden-Württemberg in spannende, wirtschaftspolitische Themen ein.

Glühbirne
Förderung

Entwicklung strategischer Technologien am ZSW mit rund 3 Millionen Euro gefördert

Wirtschaftsministerium fördert die Entwicklung strategischer Technologien am ZSW mit rund 3 Millionen Euro.

Preisverleihung Allianz Industrie 4.0
Allianz Industrie 4.0

Preisverleihung des Allianz Industrie 4.0 Awards Baden-Württemberg 2025

Das zehnjährige Bestehen der Allianz Industrie 4.0 Baden-Württemberg ist gestern (5. November) im Rahmen der Veranstaltung „STARTUP THE FUTURE“ gefeiert worden.

Delegationsreise
Delegationsreise

Delegationsreise nach Bayern und ins Salzburger Land

Unter der Leitung von Staatssekretär Dr. Patrick Rapp MdL startet heute eine 30-köpfige Tourismusdelegation aus Baden-Württemberg zu einer Fachreise nach Bayern und ins Salzburger Land.

Gewinner Female Founders Cup
Startup BW

6. Start-up BW Female Founders Cup – Platz eins geht an FlareOn Biotech

Im Finale des sechsten Start-up BW Female Founders Cup am 03. November 2025 haben zehn Gründerinnen und Start-ups von Frauen ihre Geschäftsideen vor einer Fachjury und dem Publikum im IHK-Forum in Reutlingen präsentiert.

©Martina Berg, stock.adobe.com
Wirtschaftsrepräsentanz

Toronto wird Tor nach Kanada / Land eröffnet Wirtschaftsrepräsentanz in Kanada

Baden-Württemberg baut seine internationalen Wirtschaftsbeziehungen weiter aus und eröffnet zum 1. November 2025 eine Wirtschaftsrepräsentanz in Toronto.

Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut
Arbeitsmarkt

Arbeitslosigkeit trotz saisonalem Rückgang auf hohem Niveau

Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, äußert sich anlässlich der Veröffentlichung der neuesten Arbeitsmarktzahlen.

hand, hands, robot, human, Michelangelo, sistine, technology, chapel, creation, cyborg, android, robotics, science, fiction, future, futuristic, robots, humanity, prosthetic, prosthesis, artificial, scifi, binary, code, blue, information, internet, intelligence, technology
UK Tech Accelerator

UK Tech Accelerator Programm der britischen Regierung wird in BW fortgesetzt

Im Oktober starten sieben ausgewählte britische Unternehmen aus dem Bereich Künstliche Intelligenz ihren Arbeitsaufenthalt in Baden-Württemberg.

Glühbirne
Smart Service

Smart Service Tour 2025: Erfolgreicher Abschluss in Freiburg

Die Smart Service Tour 2025 des Kompetenzzentrums Smart Services erreicht mit der Station in Freiburg im Breisgau ihren erfolgreichen Abschluss.

Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut
Lieferkettengesetz

Zumeldung zum geplatzten Kompromiss des EU-Lieferkettengesetzes

Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus äußert sich zum geplatzten Kompromiss des EU-Lieferkettengesetztes.

Startup BW

Land plant neuen Innovationsgutschein „Mittelstand trifft Start-up“

Mit dem Innovationsgutschein „Mittelstand trifft Start-up“ unterstützt das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus die gezielte Kooperation von kleinen und mittleren Unter-nehmen mit Start-ups.

Startup BW

Neue Kandidaten für Frühphasenförderung des Landes

Neun junge und innovative Unternehmen können sich ab sofort für die Aufnahme ins Frühphasenförderprogramm Start-up BW Pre-Seed des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg und der L-Bank zu bewerben.

Podcast

Löwenherz - Der Wirtschaftspodcast / Folge 2

In unserem Podcast tauchen wir gemeinsam mit starken Persönlichkeiten aus Baden-Württemberg in spannende, wirtschaftspolitische Themen ein.

4 - Motoren für Europa
4 Motoren für Europa

Vier Motoren für Europa

Vier Motoren für Europa: Automobilregionen fordern mehr Rückendeckung der EU bei Strukturwandel der Automobilindustrie.